Florence & The Machine - MTV unplugged

Island / Universal
VÖ: 25.05.2012
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Lilablassblau

Die rothaarige Elfe hat einen Platz zum Verweilen gefunden. Florence & The Machine spielen das MTV unplugged im Angel Orensanz Center in New York, einer alten Synagoge. Der Innenraum wirkt an diesem Abend wahlweise wie ein bislang unbekannter Ort in Oz, die Szenerie eines altromantischen Theaterstücks und die Herberge einer sakralen Zeremonie. Die bläulich-lilafarbene Beleuchtung geht Hand in Hand mit einer Schar an Kerzen und Lichterketten und äußerst warm strahlenden Lampen. Band, Chor und Streicher postieren sich im Halbrund. Und in der Mitte predigt die blass geschminkte Florence Welch.

Wie gemacht für den Abend ist "Never let me go". Neben der ins Weite singenden Welch erklingt nur ein Piano. Der Gospelchor spricht sich mit dem Drummer ab, doch ein paar Minuten lang und andächtig zuzuhören, wie die Londonerin die Studioversion in Sekundenschnelle vergessen macht: "Cathedral where you can not breathe / No need to pray / No need to speak." Danach widmet sich Welch dem Song "Try a little tenderness", der schon rund 90 Jahre auf dem Buckel hat, vor allen Dingen aber für seine Version von Otis Redding bekannt ist. Kanye West, der den Track zusammen mit Jay-Z in "Otis" sampelte, sitzt in der ersten Reihe und ist zurecht sichtlich angetan, wie sie aus einer treibenden Southern-Soul-Nummer eine Akustik-Piano-Version macht.

Irgendwann kommt Josh Homme. Der sieht an dem Abend aus, als bewerbe er sich für eine Rolle als moderner Columbo bei "CSI". Den gezüchteten Schnäuzer, die nach hinten geklatschten Haare und den blauen Mantel hört man auf dem Album aber glücklicherweise nicht. Dafür aber "Jackson". Berühmt geworden durch June Carter und Johnny Cash, wirkt der Country-Song hier vor allen Dingen deplatziert. Weitere Cover bleiben aus, und im Mittelpunkt steht das, was manch einen in Entzückung versetzte und andere fürchten ließ: die Reduktion der opulenten Songgebilde. Dass Welch den Bombast nicht braucht, belegen mit Nachdruck das streicherentwöhnte "Breaking down" und neben den erwähnten Songs auch "Cosmic love" oder "Dog days are over", die Harfe und Dynamik beibehalten und im Stromsparmodus einwandfrei funktionieren. Lob vom Umweltminister.

"Shake it out" als Gegenbeispiel verliert ohne dicht bewachsene Enormität seine Strahlkraft und hängt durch wie Popeyes Schwabbelärmchen nach einer Spinat-Diät. Auch weil eine Dame im Chor fiepst wie eine Mutti, die ihrem Sohn verzweifelt mit dem Pausenbrot hinter dem wegfahrenden Bus nachruft. Was hier auch deutlich wird: Atmosphärischer ist aufgrund der Kulisse und dem liebreizenden Wechsel von Welchs schüchternen Ansagen und ihrer kraftvollen Singstimme die in der Deluxe-Edition erhältliche DVD. Dennoch fällt dort - natürlich begünstigt durch das Medium - nicht so ins Gewicht, wie ihr Organ gerade im Refrain von "Only if for a night" kurz vor dem Umkippen ist. In seltenen Momenten scheint Welch gar die Intensität ihrer Stimme zu vergessen und unkontrolliert gegen Goliath ansingen zu wollen, obwohl die Instrumente unplugged nur David sind. "MTV unplugged" ist kein Plädoyer für eine dauerhafte Bombastierung, sondern ein gelungenes Experiment auf dem Weg zum gesunden Zwischenmaß für Studioalbum Nummer drei. Denn wenn jemand die Mitte auf die Spitze treiben kann, dann wohl Florence Welch.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Breaking down
  • Never let me go
  • Try a little tenderness
  • Dog days are over

Tracklist

  1. Only if for a night
  2. Drumming song
  3. Cosmic love
  4. Breaking down
  5. Never let me go
  6. Try a little tenderness
  7. No light, no light
  8. Jackson
  9. What the water gave me
  10. Dog days are over
  11. Shake it out
Gesamtspielzeit: 47:42 min

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