Maike Rosa Vogel - Fünf Minuten

Our Choice / GoodToGo / Rough Trade
VÖ: 01.06.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Alles offen

Never change a winning team, so die Urformel aller sportlichen Erfolge. Ob sie stimmt oder nicht, sei nun einmal dahingestellt. Für Maike Rosa Vogel und Sven Regener passt dieses Rezept allemal. Nach dem phantastischen "Unvollkommen" aus dem letzten Jahr arbeiteten die beiden für Vogels Nachfolger erneut zusammen, wobei sich Regener abermals nicht nur als feinfühliger Produzent, sondern ebenso an den Blasinstrumenten und als Mann an der Hammond-Orgel verdient macht. Auch der Regisseur Leander Haußmann blickte auf einen Einsatz an der Mundharmonika im Berliner Aufnahmestudio vorbei. Und Vogel macht weiterhin das, was sie am besten kann: Gitarre und Klavier spielen und dabei so mitunter hinreißend naive Lieder singen, dass es einem warm ums Herz wird.

Dabei wirkt "Fünf Minuten" etwas anders als die beiden Vorgängeralben. Die Texte scheinen insgesamt weniger stolpernd, ein Stückchen passgenauer geschnitten, veredelter. Dadurch, dass Vogel seltener um den Kern herumschwurbelt, sind die Stücke direkter und gehen auch ohne Umschweife direkt dorthin, wo sie hingehören. Ins Herz. Thematisch bewegt sich dieses Album auf bekanntem Terrain zwischen dem Du und dem Ich, umkreist das Wir, erzählt mit dem berührenden "Für fünf Minuten" aus sorglosen, leichteren Zeiten und fügt sich in den Sätzen "Für fünf Minuten / Hatte ich keine Angst vor gar nichts / Wer kann das schon von sich behaupten?" zu einem Ganzen.

"Fünf Minuten" feiert das Unbeschwertsein und die Freiheit. Man rennt nackt durch Weizenfelder, kleckert mit LSD und macht einfach das, was richtig scheint in diesem einen Augenblick. Vogel bricht in "So Leute wie ich" eine Lanze für all jene, die unter falschen Labeln an den Rand sozialer Existenz geschoben werden und liefert mit "Kein Wort ist wahr" ihr bisher wahrscheinlich berührendstes Stück. Eine Hohelied auf die eigene Stärke, die Selbstverwirklichung und das Ausloten von Möglichkeiten ist es geworden. Eine aufgewühlte Vogel singt "Nichts ist echt / Außer Du fühlst es / Und nichts ist da / Außer Du berührst es / Und nichts kann Dich berühren / Während Du nach Formeln suchst zum Glücklichsein", schaukelt sich nach oben und brandet in "Und hör nicht auf zu glauben, dass es auch ganz anders sein kann". Stark.

Vogel fasst ihre eigene, authentische Art in "Ich bin ein Hippie" sehr gut mit den Worten "Bauen andere Leute Autobahnen / Dann pflück' ich Blumen und häng sie an mein Fahrrad dran" zusammen. Wer das nicht erträgt, ist hier falsch. Alle anderen, die sich auf die wundervoll treuherzigen und manchmal kitschigen, dadurch aber nicht weniger gültigen Weltanschuungen von Maike Rosa Vogel einlassen können, werden erneut von dieser außergewöhnlichen Liedermacherin reich belohnt. "Fünf Minuten" geht, wie auch die Vorgänger, tief unter die Haut und ist damit bereits Vogels dritter Streich. Vielleicht ihr bester.

(Kai Wehmeier)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Für fünf Minuten
  • Kein Wort ist wahr
  • Abkommen

Tracklist

  1. Du kannst alles sein
  2. Für fünf Minuten
  3. Raum voller Spiegel
  4. Weizenfelder
  5. Weltfrieden
  6. Kein Wort ist wahr
  7. Ich bin ein Hippie
  8. Undercover
  9. Ich hab Dich mal sehr geliebt
  10. Ein Arm um den anderen
  11. So Leute wie ich
  12. Las Vegas
  13. Abkommen
Gesamtspielzeit: 41:51 min

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