Simone White - Silver silver

Honest Jon's / Indigo
VÖ: 04.05.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nirgends lieber

Erinnerungen verblassen. Keine angenehmen Aussichten, aber so ist das nun einmal - von dem räudigen Köter namens Leben wie ein altes Blatt im Rinnstein weggepisst. Die verzweifelten Versuche der Menschen, doch irgendwie einen Stein ins Brett des Universums zu bekommen, verlaufen meist mit eher bescheidenem Erfolg. Fotos vergilben, wellen sich oder gehen verloren. Die Vergänglichkeit kennt da kein Erbarmen; nicht mit Fotos, nicht mit Menschen. Simone White weiß das. Ganz bestimmt. Denn "Silver silver" fährt einem in die Glieder, legt seine Töne schwer in die Nervenbahnen. Für ihre vierte Platte hat sich die Amerikanerin nicht nur Andrew Bird ins Studio geholt, sondern ihre Songs brüchiger gemacht als auf deren Vorgängern. Viele Momente dröhnen, werfen ein Echo ins Nichts, nur um letztendlich doch zu verschwinden. Simone White braucht da selbst gar nicht viele Worte verlieren.

Ein Stück wie "Bonnie Brae" zieht fast unbemerkt dahin und schwillt erst zum Ende zu einem leisen Hauch. Der Kniff liegt darin, dass "Silver silver" nicht offensiv mit seinen Qualitäten nach vorne geht. Während sich "Flowers in may" immer mehr festigt, der Rhythmus mehr und mehr Fasern bekommt, bevor eine Melodie einfällt, ja während all dem verrinnt Zeit, rieselt der Sand schmetternd auf den Boden. Und sollte es doch einmal dichter in der Struktur werden wie beim Kanon in "Long moon" rattern die Takte im Hintergrund bedrohlich wie eine alte Taschenuhr. Das hat White mit den Musikern im Studio allerdings alles so skizzenhaft ausgearbeitet, dass selbst ein Song wie "In the water where the city ends" nicht mehr als eine Flüchtigkeit ist. Aber es bleibt die Stimme von Simone White, die einen nicht alleine in diesen Tiefen lässt. Tröstlich seufzt sie manchmal. Und es geht einem ein wenig besser damit.

Vielleicht kommt es daher, dass White eine Songwriterin ist und keine Drone-Klangkünstlerin. Denn sie lässt einen zwar fallen, aber immer weich. Die Bläser in "Now the revolution" fühlen sich nur im ersten Moment hart an, werden aber mit jedem neuen Auftauchen weicher und weicher, während sie sich dann langsam in den Song ablegen. Und bevor sich daran jemand gewöhnt hat, ist das ganze Spektakel auch schon wieder vorbei. Aber der Trost kommt am Ende, wenn die Dunkelheit sich zur Seite schiebt und Simone White zur Ukulele singt. "Every little now and then / I think of you." Das Händchenhalten mit dem ehemals Liebsten verkommt da zu einer Last, vorgetragen vor der besonnensten Melodie der gesamten Platte. Und dann möchte man nirgends lieber sein als an diesem Strand. Es wird nach Sonne, Meer und nasser Haut duften. Und diesen Moment kann einem dann keiner mehr nehmen.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Flowers in may
  • What the devil brings
  • In the water where the city ends

Tracklist

  1. Flowers in may
  2. Big dreams and the headlines
  3. Never be that tough
  4. We didn't know
  5. Silver silver
  6. What the devil brings
  7. Long moon
  8. In the water where the city ends
  9. Star
  10. Frogs
  11. Now the revolution
  12. Bonnie Brae
  13. Every little now and then
Gesamtspielzeit: 40:26 min

Im Forum kommentieren

humhumxx

2012-05-26 18:17:13

http://www.youtube.com/watch?v=bkUyzmzpZoo

Da, da rechts, das seid Ihr! Herrgott, Margot!

humhumxx

2012-05-26 18:00:52

10/10, ihr Tränen!

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