Laibach - Iron sky: The original film soundtrack - We come in peace
Mute / GoodToGoVÖ: 27.04.2012
Rechts ab
Kino kontrovers: Man kann den finnischen Naziploitation-Trash "Iron sky" sehen, wie man will. Als absichtlich unkorrektes filmisches Statement, als Materialschlacht ohne rechte cineastische Virtuosität, als bedenkliche Popcorn-Werdung eines ernsten Themas oder als überdimensionierten Slapstick, der mit Ingrimm zum Angriff auf die letzten Bastionen an der Grenze des guten Geschmacks bläst. Das Setup sieht so aus: Köpfe und Schergen von Nazi-Deutschland sind 1945 nicht etwa ausgerottet worden, sondern haben sich auf die erdabgewandte Seite des Mondes gerettet. Von dort aus schicken sie sich im Jahre 2018 an, die Erde zu erobern, auf der unter anderem eine größenwahnsinnige, Sarah Palin nachempfundene US-Präsidentin das Sagen hat. Und am Ende liegt alles in Schutt und Asche. Irrer Scheiß, fürwahr. Und darum genau das Richtige für Laibach.
Denn niemand spielt so listig und unbewegter Miene mit der Ästhetik von Massenphänomenen und pseudo-faschistoidem Totalitarismus wie das Kollektiv aus dem virtuellen Staat Neue Slowenische Kunst. Recht war Laibach dabei bisher vieles: spitzfindiges Sezieren weltpolizeilichen Gebarens seitens der US-Regierung, Coverversionen aus aller Herren Pop als Kommentar zur NATO-Politik und sogar der Allmächtige als Schirmherr einer Platte, in deren Zentrum eine Cyber-Neubewertung von Andrew Lloyd Webbers Musical "Jesus Christ Superstar" stand. Für den Soundtrack zu "Iron sky" müssen die Slowenen nun nicht einmal selbst Uniformen mit Armbinde anziehen - das erledigen die Schauspieler, während Laibach im Hintergrund Gebirgsmassive aus wagnerianischer Klassik, Martial Industrial und Electro-Beats hochziehen.
Natürlich verschiebt sich der Fokus unter diesen Bedingungen entsprechend: Nicht etwa Milan Fras' blökender Bariton oder das typische Entstellen und Wegsperren von Liedern in einen streng disziplinierten Sampling-Computer stehen hier im Vordergrund, sondern die zwischen majestätisch und lächerlich megaloman schwankende Klangillustration des überstiegenen Treibens auf der Leinwand. Laibach lassen Chöre donnern, synthetische Bomben detonieren und Streicherschwadronen ihre Kreise ziehen, zu denen immer wieder Dialoge aus dem Film eingespielt werden. Songs im eigentlichen Sinne gibt es wenige - dafür umso effektivere Elektroschocks und musikalische Drohgebärden, die das finster grinsende Sujet von "Iron sky" bestmöglich unterstützen.
Doch Laibach wären nicht Laibach, wenn nicht auch planvolles Recycling eigener Motive auf der Tagesordnung stünde: Die schwer atmende Maschinenmusik des Openers "B mashina" fand sich in anderer Version schon 2003 auf "WAT", und die restaurierte Fassung der US-Hymne kennt man vom Album "Volk". Der unverschämt zuckersüße Akustikkitsch "Take me to Heaven" dagegen würde dem umnachteten Kino-Führer Wolfgang Kortzfleisch vermutlich genauso gefallen wie der absichtlich ungelenke Cut-up-HipHop "Peace lovin' brother rap" dem im Film zum Weißen umoperierten Astronauten James Washington. Und so verdeutlicht dieser Soundtrack vortrefflich, warum Laibach im Gegensatz zu den Nazis jedes Zeitalters eben nicht hinterm Mond leben: Schwarzbraun ist nicht nur die Haselnuss, sondern auch dieser Humor.
Highlights & Tracklist
Highlights
- B-mashina (Iron sky prequel)
- Take me to Heaven
- Peace lovin' brother rap
- Under the iron sky
Tracklist
- B-mashina (Iron sky prequel)
- Take me to Heaven
- Problems, big time! / Schwarze Sonne
- Classroom (Where are we from?) / Spaceship hangar
- Kameraden, wir kehren heim!
- Ein Spion von der Erde
- Sauerkraut
- Washington's escape
- Dr. Richter's laboratory
- Vivian's "Untergang"
- Klaus and Renate
- In the machine
- Renate and Washington at the lab / Albinising operation
- Nazi expedition to Earth
- Renate's surprise
- Peace lovin' brother rap
- The good times for the bad people
- Renate's message of peace
- The miracle in the White House
- The answer to the question
- The moon nazis are coming
- 125' later ragtime
- A good war blues (Klaus and Vivian)
- Die Flotte ist bereit
- Der Führer's last waltz
- Meteorblitzkrieg begins
- Ready to face the music (Counterattack)
- UN Security Council confessions
- Space battle suite
- James and Renate inside the Götterdämmerung
- The United States of America does not negotiate with terrorists
- Moon attack
- Götterdämmerung muss fliegen
- Feuer frei!
- Fight between Washington and Dr. Richter
- Klaus and Renate's final "rendezvous"
- The fall of Götterdämmerung
- America
- Under the iron sky
- End title (We leave in peace)
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