Grand Duchy - Let the people speak

Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 06.04.2012
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Bei Hempels unterm Sofa

Ob Black Francis seit dem Ende der Pixies eher zu wenig, zu viel oder überhaupt "Musik" aufgenommen hat, da hält wohl jeder Alt-88er ein anderes Schild hoch. Doch jeder muss auch konstatieren, dass er sich keinesfalls auf Ruhm, Familienglück oder Akkord-Recycling ausgeruht hat. Es gab die Catholics, diverse Soloalben, eine Mini-Pixies-Reunion sowie Gastauftritte en masse. Und gemeinsam mit Ehefrau Violet Clark nun eben auch zum zweiten Mal Grand Duchy. Ob und dass Francis im Bandkontext noch am besten funktioniert, auch darüber kann man sicherlich verschiedenste Pappen bemalen. So kunterbunt wie jene, die "Let the people speak" emporreckt, werden diese aber kaum sein - auch, weil Francis das Songwriting diesmal vorrangig Clark überlassen hat.

Es ist enstprechend viel los bei Grand Duchy: Francis zieht bei "Dark sparkles and the beat" nicht nur die Gitarren-, sondern auch die Basssaiten ins La-la-la-la-la-la-Leierland, die Beats klatschen auf Minimal-Funk und Disco gleichermaßen, "Rotc" oder "Where is John Frum" benutzen Grunge-Riffs zur wohlgelaunten Jonglage mit Dub-, Beck- und Angry-Girl-Pop. Zwischen all dem schnattert und zwitschert es, als würde Kylie Minogue mit Kim Deal zum Würfelhusten von Ferris Buellers Keyboard Locomotion tanzen. Und ein gewisser Radio-DJ Jonathan L wirft beständig lobhudelnde Kommentare in die Runde, weshalb Grand Duchy im Opener-Titel prompt zurückhudeln. Somit könnte "Let the people speak" auch einfach das Produkt eines großangelegten Frühjahrsputzes sein: Überall, in ihren Köpfen, im Gefrierschrank, auf den Regalen und überhaupt bei Hempels unterm Sofa scheinen Grand Duchy irgendwelche Zirp-, Knirsch- und Quietsch-Frequenzen verloren und nun wiedergefunden zu haben. Deshalb gönnt sich so ziemlich jeder Song spleenig zerschossene Outros über die eigentliche Halbwertszeit hinaus.

Nimmt der knackige Basslauf von "White out" auf Clarks Sigue-Sigue-Sputnik-Stimmwirrwarr immerhin noch einmal ordentlich Fahrt auf, treiben es "Illiterate lovers" oder der Titelsong eindeutig zu weit und "Silver boys" schließlich auf die Spitze: Was eine knackige Kraftwerk-Übung in Cyber-Punk hätte werden können, zerfasert spätestens nach drei Minuten in eine skandierende Dauerschleife. Dass Francis und Clark von ihrem Satzgesang zu diesen Melodien einfach nicht so schnell lassen wollen, mag ja einleuchten. Wenn dann aber so ziemlich jedes HipHop-, New-Wave und 1980er-Pop-Klischee für Millisekunden in die Runde geballert wird, so fragt man sich schon, wer vorangehen soll, wenn niemand einen Plan hat, wohin überhaupt. Und, ja, all diese Prince- und INXS-Gitarren machen es definitiv auch nicht besser.

Zu wirklich bündigen Songs schaffen es Grand Duchy somit leider selten. Auch ihr Indie-Verständnis wirkt teils billig, redundant, weder besonders aufregend noch vor Geschichtsträchtigkeit pulsierend. Das hat dann den Effekt, dass der Hörer einfach nicht glauben will, dass die Scheibe noch immer nicht zu Ende ist, wenn der nächste Korg-M1-Beat herausplatscht. Was der ganze Mummenschanz soll? Vielleicht doch nur Großreinemachen. Grand Duchys Hütte strahlt, des Hörers Kopf hingegen gleicht einer 1980er-Messi-Wohnung. Schönen Dank auch. Doch auch kein Problem - anklopfen, Schuhe ausziehen, dann den Pappen folgen ... oder, wie Grand Duchy, einfach der eigenen Nase nach.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • White out
  • Dark sparkles and the beat
  • Rotc

Tracklist

  1. The lopsided world of L
  2. See-thru you
  3. White out
  4. Geode
  5. Shady
  6. Annie Bliss
  7. Dark sparkles and the beat
  8. Two lies and one thruth
  9. Silver boys
  10. Illiterate lovers
  11. Face
  12. Esther
  13. Rotc
  14. Let the people speak
Gesamtspielzeit: 66:01 min

Im Forum kommentieren

Fox

2012-05-21 08:38:58

Das Album ist wieder sehr gut - zugegeben. So grandios wie den Vorgänger finde ich es aber leider nicht. 8/10

Dröck

2012-05-15 20:19:41

Hipsterdreck

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