Poliça - Give you the ghost

Memphis Industries / Indigo
VÖ: 11.05.2012
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Ziemlich nicht ganz perfekt

Poliça sei die beste Band, die er je gehört habe. Jeder halbwegs versierte Musikhörer genießt derlei Aussagen mit Vorsicht. Man lässt sich doch nicht von irgendjemandem solch einen Superlativ um die Ohren hauen, die ja schon einiges zu hören bekommen haben. Doch ist dieser Superlativ sogar noch steigerbar. So kommt das eingangs erwähnte Statement von keinem geringeren als Justin Vernon, seines Zeichens Frontmann von Bon Iver.

Poliça ist also die beste Band, die unser aller Lieblingsfolkrocker je gehört hat. Da kann man nun nicht mehr von Vorschusslorbeeren sprechen. Nein, das ist schon ein ganzer Lorbeerbaum, der auf diesem 15 Gramm leichten Silberling lastet. Erfährt man nun noch, dass auch Jay-Z die Damen und Herren aus Minneapolis mehr als okay findet und gar von der Neugeburt des R&B die Rede ist, dann droht dieser Silberling aufgrund des auf ihm lastenden Erwartungsdrucks schon zerquetscht zu werden, bevor er überhaupt erst unterm Laser des Abspielgerätes landet.

Dort angekommen verfliegen jegliche Zweifel wie im Fluge. Sie werden förmlich hinfortgewirbelt von den Schlägen, mit den Ben Ivascu und Drew Christopherson ihre Drums bearbeiten. Ja, richtig gelesen: Hier sind zwei Drummer am Werke. Da kann ja eigentlich nichts schief gehen. Liebevoll prügeln sie ihre Instrumente und bereiten somit den Nährboden, über dem sich Channy Leanaghs Stimme ausbreitet.

Wenn man denn überhaupt von einer Stimme sprechen kann. Eher ist es ein verhuschtes, kopfverdrehendes Geräusch aus einer anderen Welt – aus dem Computer, um genauer zu sein. Schließlich benutzt Leanagh das Tonhöhenkorrekturprogramm Auto-Tune, auch Cher-Effekt genannt. Doch klingt es bei weitem nicht so kühl und umoperiert wie eben bei Cher, vielmehr gefühlsverstärkend und mysthisch. Als ob man eine Flasche Absinth geöffnet hätte und die grüne Fee zu singen begänne.

Die Mischung aus intensiv-perkussivem Spiel und sich wie ein Kettenkarussell in die Höhe schraubendem Gesang erzeugt eine Sogwirkung, dass einem die Kopfhörer am Oberstübchen festkleben, als hätte jemand zentimeterdick Pattex draufgeschmiert. Es fällt schwer, einzelne Songs aus diesem angejazzten Electropop-trifft-auf-R&B-Potpourri hervorzuheben, doch besticht vor allem "Wandering star" durch seine harten Rim shots, die durch angedeutete Geigen und den Sirenengesang butterweich serviert werden.

Wenn Leanagh ihre in die Brüche gegangene Ehe dann auch noch in Textzeilen à la "It makes me sad ‘cause you’re gone / And I hear you whisper something sweet / But it doesn’t move any nerves in me" verarbeitet, kann man Justin Vernon und seinen Superlativ bzw. gefühlten Ultralativ schon verstehen. Man muss jedoch auf seine Befangenheit verweisen. Schließlich hat auch er bei Gayngs, dem Musikerkollektiv, dem Poliça entstammen, seine Finger im Spiel. Parteilichkeit hin oder her – von der besten Band, die man je gehört hat, zu sprechen, ist sicherlich vermessen. Aber Poliça sind schon ziemlich gut. Ziemlich sehr gut.

(Marco Wedig)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The maker
  • Lay your cards out
  • Fist, teeth, money
  • Wandering star

Tracklist

  1. Amongster
  2. I see my mother
  3. Violent games
  4. Dark star
  5. Form
  6. The maker
  7. Lay your cards out
  8. Fist, teeth, money
  9. Happy be fine
  10. Wandering star
  11. Leading to death
Gesamtspielzeit: 45:46 min

Im Forum kommentieren

AliBlaBla

2022-09-16 17:47:24

@Hanno
+1

Hanno

2022-09-16 14:57:47

Wer noch einen Gottesbeweis benötigt, wird ihn in der Komposition/Existenz von "Wandering Star" finden ...

Editor

2018-10-24 08:14:39

Ich liebe dieses Album.
"Darkstar" ist noch immer sowas von sexy. Wahnsinn.

Ekel erregend

2014-03-28 10:27:38

Hipster-Müll für die Latte Macciato-Fraktion

0/10

poser

2014-03-28 01:55:26

Mochte das Album. Etwas unverdient ziemlich untergegangen. Der Nachfolger war dann nicht mehr so gut. so 7-8/10.

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