Ministry - Relapse

Thirteenth Planet / AFM / Soulfood
VÖ: 23.03.2012

St. Anger

Eigentlich ist alles so wie immer. Al Jourgensen ist sauer. Seine Musik ist angepisst. Die Riffs sägen mit industrieller Wucht. Die Double-Bassdrum donnert unerbittlich. Das ist Ministry, und das ist kein Spaß. "Relapse" haut Dir allerdings noch mehr auf die Fresse als sonst. Eben weil eigentlich alles so wie immer ist. Und das macht Jourgensen verflixt sauer.

Prinzipiell hatte er Ministry nach Paul Ravens Tod und der auf "Adios... puta madres" dokumentierten Abschiedstour eingemottet. Er wollte sich seinem Label widmen und den jungen Leuten eine Chance geben. Schließlich war sein Lieblingsfeind George W. Bush gerade von Hoffnungsträger Barack Obama abgelöst worden. Alles schien besser zu werden. Schien. Denn die Kacke ist wieder am Dampfen. Kein Wunder, dass Jourgensen sich wieder gebraucht fühlt. Und natürlich kann Ministrys Comeback-Album gar nichts anderes sein, als das schnellste und härteste ever.

Zu Beginn lullen in "Ghouldiggers" zwar noch ein paar gefilterte Tapping-Gitarren ein, während Jourgensen über tote Rockstars und Musikmanager nachdenkt und darüber den heiligen Zorn bekommt. "I'm not dead yet" kotzt er den geifernden Schlipsträgern über maschinellem Shredding zu. "Double tap" verdoppelt dann noch das Tempo. Aaron Rossi holzt hier vorwärts, dass sogar eine Drum-Machine aus der Puste kommen würde. Das Pedal glüht, das Trommelfell zittert, und über den enervierenden Breitarsch-Gitarren lauern orientalische Harmonien und orchestrale Synthetik. In "Freefall" wird das fällige True-Metal-Solo ausgeblendet, bevor es nerven kann. Und schon spielen die vier Gitarren wieder zackiges Riff-Jenga.

Es sind die erwartbaren Dinge, die Jourgensen anpissen: gierige Kapitalisten, verlogene Politiker, heuchelnde Medien. "Kleptocracy" ruft mit hallendem Nichtgesang und geschrubbtem Dampfhammer die Selbstbedienung aus, während "99 percenters" sich mit Occupy-Rufen und Anonymous-Maske ins Camp stellen will. Das ist nicht originell, aber wenigstens konsequent. Dass Jourgensen in "Bloodlust" dann aber noch den Blues bekommt, hätte man nicht erwartet. Zum Glück konterkariert er das Südstaaten-Powerriffing noch mit fiesen Synths und kehliger Verachtung. Es ist also alles so wie immer.

(Oliver Ding)

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Ministry - Hopiumforthemasses (2024)

Ministry - Moral hygiene (2021)

Ministry - AmeriKKKant (2018)

Ministry - From beer to eternity (2013)

Ministry - Cover up (2008)

Ministry - The last sucker (2007)

Ministry - Rio Grande blood (2006)

Ministry - Houses of the molé (2004)