Steve Smyth - Release
Teenage RiotVÖ: 19.03.2012
Stimmulierend
Aktuelles aus dem Plattitüden-ABC. Die Stimme ist wie ein Muskel, der trainiert werden will und muss, findet der Australier Steve Smyth. Keine wirklich neue Erkenntnis, die sich da ans Ende der Welt zum mittlerweile Wahl-Londoner herumgesprochen hat. Er habe erkannt, so ergänzt Smyth in einem Interview, mehr Emotionen und Gefühle in einen Song legen zu können, wenn er verschiedene Aspekte der stimmlichen Bandbreite nutzt. Es klingt alles wie ein lexikalischer Ausritt unter S wie Stimme mit dem Verweis auf G wie Gesangstraining. Ginge es nicht um Smyth, wären es bei vielen Künstlern nicht mehr als redundante Aussagen. Was der aber auf dem schlicht "Release" betitelten Debüt mit seiner Stimme anstellt, ist ein akrobatisches Versuchslabor und macht den Reiz dieser Platte aus.
Man lernt, dass der Weg zwischen Crooner und Kopfstimme doch nicht so weit ist und dass zwischen Tom Waits und Jeff Buckley vokal auch jemand Unbekanntes sitzen kann: Steve Smyth. Innerhalb von nur sechs Tagen ist das Album entstanden, und was es zu leisten im Stande ist, zeigt sich bereits im Opener "Barbiturate cowboy and his dark horses". Hier grunzt, raunzt, jault und rüpelt Smyth durch die Zeilen so rau, kantig, rauchig und fauchend wie einst Waits. So muss es sich wohl anfühlen, wenn die Stimmbäder getackert, überfahren und mit Schotter verbunden werden - mit den besten zweieinhalb Promille des Lebens im Blut. Dass das derselbe Mann ist, der in "Bar made blues" und "A hopeless feminist" einem Chorknaben gleicht, ohne dabei aufgesetzt zu wirken, ist beachtlich.
Smyth ist Singer-Songwriter und neben dem Folk, furcht er auf den Äckern des Blues, Bluegrass und akustischen Folkrocks. "A hopeless feminist" schüttet guten Bourbon über "Onyl you" der Platters, "No man's land" schreit die Einöde weg, "Endless nowadays" liefert leichten Americana mit Banjo-Support, und in "Midnight in the middle" wabert der Klang einer Sitar um die Marschtrommeln und einen Hauch Roy Orbison. Indessen blitzt die Entstehungsgeschichte von "Stay young" durch: Das Duett mit Juanita Stein von den Howling Bells sang Smyth völlig übernächtigt ein. Ein Schellenkranz, eine Akustikgitarre und zwei verwandte Seelen: "Let's go dancing tonight / Find a candle to burn slow / Let's go dancing tonight / Leave it all behind." Bei aller angebrachter Bescheidenheit: Smyths Stimme gehört zu den Entdeckungen des Jahres - und gute Songs hat er auch.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Barbiturate cowboy and his dark horses
- A hopeless feminist
- In a place
- No man's land
- Stay young
Tracklist
- Barbiturate cowboy and his dark horses
- Bar made blues
- A hopeless feminist
- Endless nowadays
- In a place
- Midnight in the middle
- No man's land
- Stay young
- There's a light
- Too much a nuthin'
Referenzen