The Wedding Present - Valentina

Scopitones / Stickman / Soulfood
VÖ: 23.03.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der Klassensprecher

David Gedge. Eigentlich immer da, wenn man gerade nicht mehr an ihn denkt. Und eigentlich schon immer da gewesen. Wenn eine Band als englische Indierock-Institution gelten darf, dann ist es The Wedding Present. Dass der Vierer gegen Ende seines dritten Jahrzehnts gerade einmal ihr neuntes Album veröffentlicht, schmälert ihren Verdienst für die unabhängige Musikszene Großbritanniens kaum. Gedge ging es nie um das große Geld. Sondern um aufrechte Kunst.

Nachdem er auf dem formidablen Vorgänger "El rey" mit zartem Lärm die Trennung von Langzitfreundin Sally Murrell abhandelte, zieht "Valentina" nun einen größeren Kreis in der eigenen Vergangenheit. Das soll jedoch nicht heißen, dass Gedges singende Gitarre in "You're dead", dem aufmüpfigen Opener von "Valentina", ein Requiem über donnernde Drums legt. Hier scheppert es zwar gewaltig, doch nach knapp dreieinhalb Minuten weicht der Krach einer sanften Meditation über verschlepptem Moll. Hin- und hergerissen wie die Musik ist auch die Geschichte von Ab- und Zuneigung, die Gedge in gewohnt offenen Worten schildert. Und wenn er nichts mehr sagt, erzählt die Musik den leidenschaftlichen Rest.

In "You Jane" schrammelt die Gitarre splitternd los, weil Gedge keine Zeit als Trostspender verschwenden will. "Don't come crying to me / This is the way you want it to be." Doch weil Bassistin Pepe le Moko ein paar Elfengesänge spendiert, lässt er sich im allgemeinen Haudrauf erweichen und wird doch der Tarzan für die aufreizende Jane. In "End credits" verbindet Gedge amerikanische Laut-Leise-Dynamik mit britischem Jinglejangle, als hätten sich nicht Generationen von Bands über den großen Teich dafür verachtet. Hier gehören sie zusammen, weil The Wedding Present immer schon zwischen den Welten vermittelten. Auch das Taumeln von "Meet cute" zwischen verzerrtem Tumult und poetischer Erzählung gehört zu den bekannten Tricks dieser Band. Sie führen längst ein Eigenleben jenseits aller Moden.

Wer allerdings "Valentina" ist, bleibt offen. Man darf Gedge für einen romantischen Zyniker halten, wenn er sich in "The girl from the DDR" zu schweren Grunge-Gitarren daran erinnert, wie er die sprachliche Barriere eines naiven Ostmädchens schamlos ausnutzte. Der Schweizerin Le Moko sei Dank, dass wie den Dialog jetzt quasi im Originalton hören dürfen. "I've been using you / All this time / And it's not that I don't adore you." Ganz andere Aufrichtigkeit wartet im wunderbaren "Deer caught in the headlights": "If I were a painter / I'd just paint portraits of you." Weil Gedge aber kein Maler ist, tritt er eben umso beherzter aufs Fuzzpedal. Das ist wahre Liebe.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • You're dead
  • You Jane
  • Deer caught in the headlights
  • End credits

Tracklist

  1. You're dead
  2. You Jane
  3. Meet cute
  4. Back a bit…stop
  5. Stop thief
  6. The girl from the DDR
  7. Deer caught in the headlights
  8. 524 fidelio
  9. End credits
  10. Mystery date
Gesamtspielzeit: 41:46 min

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