P:lot - Zuhören
Four / SonyVÖ: 23.03.2012
Die grauen Herren
Der Jugendwahn ist vorbei. Jahrelang gaben die Teenager den Takt an, und selbst Mittvierziger gefielen sich darin, total hip und trendy rumzulaufen und in ihrer Freizeit endskrass zu chillen. Doch das Blatt hat sich gewendet. Fragt mal nach bei Felix Magath, der in Wolfsburg gerade ein Programm zur Wiedereingliederung von Fußball-Rentnern in den Spielbetrieb betreibt. Auch bei großen Plattenlabels legt man nun verstärkten Wert auf Bands mit Erfahrung. So wie P:lot, eine Formation, die im Grunde seit 1997 existiert. Jahrelang veröffentlichte das Trio auf eigene Faust und tourte sich in einem gigantischen, aufblasbaren "Iglu" den Arsch ab, das überall in der Republik zum Spontankonzert aufgestellt werden konnte. Ein toller Clou und wohl auch ein großer Mittelfinger in Richtung Musikindustrie. Trotzdem stoßen nun auch P:lot mit Verspätung die Tür zu den großen Fleischtöpfen auf.
Die Chancen, dass die Kölner zumindest im Radio einige Hits landen, stehen jedenfalls nicht schlecht. Dem dritten Longplayer "Zuhören" ist anzumerken, dass P:lot ihren Sound über Jahre hinweg geschmiedet und geformt haben. Ähnlich wie die Kollegen von Selig versuchen sich Sänger Alexander Freund und seine Kollegen an schwebendem Poprock mit leicht psychedelischer Schlagseite. Im flotten Opener "Eins" groovt die 60s-Orgel, während Freund treffend sinniert: "Gegen den Lärm der Macht / Gegen den Klang der Zeit / will ich Dich wehren." Durch die hochwertige Produktion, die der Wechsel zum Majorlabel ermöglichte, klingt hier aber nichts altbacken. Vielmehr konnten es sich P:lot erlauben, ein abwechslungsreiches und vielfarbiges Album auf die Beine zu stellen.
"Der Trick" etwa könnte man sich durchaus als Hintergrundmusik in einem Zirkuszelt vorstellen. "Nimm mich" hingegen unterstreicht die Verzweiflung seines Textes durch übersteuerten Gesang. Schnell wird klar, dass P:lot ihr Handwerk verstehen, doch erst bei den ruhigeren Stücken kommen ihre Stärken vollends zur Geltung. Das Titellied ist eine runde, kompakte und niemals kitschige Ballade, während "Lass Dich finden" verträumt gen Sonnenuntergang schunkelt. Richtig romantisch wird es gar im gelungenen "Unglaublich gut". Hätten P:lot auf die banale Mitklatsch-Nummer "Beweg Dich" verzichtet und in den Texten auf das eine oder andere Klischee verzichtet, hätte "Zuhören" statt einer "nur" überdurchschnittlichen Platte das werden können, von dem Zyniker nicht glauben, dass es existiert: ein richtig tolles und zugleich anspruchsvolles deutschsprachiges Pop-Album. Aber dafür haben sie ja wirklich noch genügend Zeit. Das Alter spielt ja nun bekanntlich keine Rolle mehr.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Zuhören
- Lass Dich finden
- Unglaublich gut
Tracklist
- Eins
- Nimm mich
- Zuhören
- Lass Dich finden
- Der Trick
- Beweg Dich
- Du bist Wasser
- An meiner Seite
- Unglaublich gut
- Wenn es zu ende ist
- Nimms nicht so schwer
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- P:Lot (9 Beiträge / Letzter am 22.06.2014 - 01:21 Uhr)