ShelleyDevoto - Buzzkunst
Cooking Vinyl / IndigoVÖ: 25.02.2002
Kunstbanausen
Man stelle sich das mal vor: Es ist Weihnachten, und der nette Weihnachtsmann schenkt dem kleinen Peter einen Synthesizer. Den muß man natürlich gleich ausprobieren. Und weil das alleine ja nicht so viel Spaß macht und man das gute Stück ja auch präsentieren möchte, lädt man gleich noch seinen besten Freund ein. Praktischerweise schreibt der immer so leicht merkwürdige, etwas unverständliche Texte, und schon ist man in der Lage, im Wohnzimmer ein paar Liedchen zusammen zu basteln. So weit, so gut.
Das einzig bemerkenswerte an der Geschichte sind eigentlich die Protagonisten: Peter Shelley und Howard Devoto gründeten anno dazumals (1976) eine Band namens Buzzcocks, deren Stücke bis heute Klassiker sind und auch heute noch gerne als Vorlage für flotten Pop-Punk genommen werden. Während sich Devoto allerdings schnell davon machte, um seine Ego-Probleme in anderen, nicht minder einflußreichen Bands wie Magazine auszuleben, ist der kleine Peter dem Punkrock lange treu geblieben. Und wenn Gitarristen den Bedarf nach etwas neuem, "mal was ganz anderem" verspüren, kann das ja nur am Keyboard enden.
Leider taugen solche extremen Wechsel mehr zur Erweiterung des eigenen Horizonts, als zum Aufreißen grauer Karriere-Ende-Wolken. Da beißt die Drei-Tasten-Maus keinen Faden ab: Selbst wenn man Devoto und Shelley Respekt für den Mut zollen mag, daß sie nicht die x-te Reunion einer erfolgreichen Punkband betreiben, hätte das erste musikalische Lebenszeichen von Devoto seit zehn Jahren ruhig etwas von der Kreativität älterer Platten erben dürfen. Aber leider erinnert in erster Linie Shelleys neue Freude an elektronischen Spielereien an die 80er Jahre.
Wenn Devoto gleich am Anfang darum bettelt, daß man doch bitte den Glanz sehen möge, fühlt man sich eher unangenehm an eine überwiegend dilletantische Variante eines "Japanese girl" erinnert. Es sind eigentümlicherweise eher die instrumentalen Stücke, die zu gefallen wissen. "On solids", welches mit Trompeten und orientalisch anmutendem Rhythmus versehen wurde, zum Beispiel. Das mag daran liegen, daß sich Shelley dort einfach alle Freiheiten nehmen konnte, anstatt wie etwa in "Self destruction" mit Schleifen und Brüchen den textuellen Kapriolen Devotos folgen zu müssen.
Selten genug ergeben Klang und Lyrik eine Einheit, so etwa beim wütend-traurigen "'Til the stars in his eyes are really dead". Bezeichnenderweise ist genau dies der Song, der am gitarrenlastigsten ausfällt. Eigentlich gar nicht komisch, aber mindestens überraschend, wirkt schließlich, daß auf einmal doch alles zusammen paßt: Devotos "I sound like an insect singing from under the floor"-Stimme, Shelleys Elektronikspielereien und der leicht Waits-artige Seemann-in-Singapur-Anstrich des Songs. Nächster Song, gespannte Erwartung, rien ne va plus, wieder nichts. "We're going off, you know / We're not really nature" heißt es da. Wissen wir, denn sich in elektronischer Imitation echten Lebens zu ergehen, wirkt selten natürlich. "So there I was / Unintentionally funny."
Highlights & Tracklist
Highlights
- 'Til the stars in his eyes are really dead
- So there I was
Tracklist
- Can you see me shining
- Strain of bacteria
- Deeper
- 'Til the stars in his eyes are really dead
- On solids
- Self-destruction
- You are still there
- God's particle
- A world to give away
- Stupid kunst
- System blues