
Errors - Have some faith in magic
Rock Action / PIAS / Rough TradeVÖ: 17.02.2012
Der Zauberklick
Postrock ist in einer Sackgasse. Steht überall, muss also stimmen. Alle Bands machen immer das gleiche: Anschwellen, Abschwellen, dazwischen allerlei Effekte und sonstiger Lärm, aber immer weniger Melodie. Klischees über ein Klischee. Denn auch für ein Nischengenre wie Postrock gilt Sturgeons Gesetz: 90 Prozent von allem ist Mist. Somit muss es auch im Postrock jede Menge Vorhersehbares und Verzichtbares geben. Es wäre also ein Fehler, gleich das gesamte Genre zu verdammen. Und ein noch größerer Fehler wäre, Errors für eine dieser typischen Postrock-Bands zu halten.
Zwar veröffentlichen die Glasgower treu auf dem Label ihrer Kumpels Mogwai, doch deren voluminöse Untergangsharmonien stehen auch bei "Have some faith in magic" eher nicht auf dem Programm. Mit fiepsendem Schwung und satten Grooves emanzipiert sich das Quartett vom schuhestarrenden Unbehagen und stürzt sich stattdessen kopfüber in ein quietschbuntes Plastikbällebad. Produziert wurde der Drittling jedoch nicht im örtlichen Ikea Småland, sondern zum Glück in einem eher schäbigen Studio. Damit es nicht zu sorglos wird.
Wir haben also pompöses Discoflair, neonbunte Harmonien und überraschende David-Bowie-Eleganz. Errors entfernen sich ästhetisch von handfester Coolness, um sie ideologisch für sich zu vereinnahmen. Dass der Opener heißt wie ein Song von Fleetwood Mac, ist als Absicht zu unterstellen. Hier fließen sirenenartige Gitarren und quietschenge Synthlinien ineinander, während dezente Polyrhythmen und glitzernde Texturen den Track ausstaffieren wie ein gemütliches Art-Deco-Wohnzimmer. Die Vorabsingle "Magna encarta" lässt dann ein paar Plastiksaiten röhren, während Gitarre und Elektronik um die Wette übersteuern, weil es ja eben doch auch ein paar Querverweise in die eigene Szene zu setzen gilt.
Die Eleganz des verbotenen Jahrzehnts trifft sich mit den replizierten Winkelbeats der Jetztzeit. Wer immer noch mit Etiketten wie "Postrock" oder "Mathrock" ankommen will, muss ziemlich tapfer sein: Das romantisch pluckernde "Blank media" steckt dabei so tief in den eigenen Schulterpolstern, dass zum Erstickungstod nur noch ein Saxophon fehlt. Der gregorianische Elfengesang stammt definitiv von Nichtelfen und letztlich übernehmen doch die Maschinen die Kontrolle. Diese zehn oft in formschönen 8 Bit glitzernden Songs empfehlen sich als Soundtrack für retrofuturistische Abenteuer. "Pleasure palaces" spielt bleichen Elektrofunk für spätgeborene Nachtschwärmer, "Earthscore" hält sich für einen engen Verwandten von Duran Duran, und "The knock" oszilliert durch ein paar vergessene Tonarten. "Have some faith in magic" erzählt mit vielen bunten Farben aus der Zeit, bevor unsere Träume digitalisiert wurden. Zauberhaft.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Tusk
- Magna encarta
- Pleasure palaces
- The knock
Tracklist
- Tusk
- Magna encarta
- Blank media
- Pleasure palaces
- The knock
- Canon
- Earthscore
- Cloud chamber
- Barton spring
- Holus-bolus
Referenzen
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