
Robert Ellis - Photographs
New West / WarnerVÖ: 17.02.2012
In der Grammofonzelle
Wenn Clark Kent in seinen Superman-Anzug schlüpft, wird aus einem biederen Bürospießer der Held unzähliger Kinderträume. Ob Robert Ellis genauso wundersame Kleidungsstücke besitzt, wissen wir nicht, aber irgendwie muss das bei ihm so ähnlich funktionieren: Auch hinter Ellis verbergen sich zwei äußerst verschiedene musikalische Persönlichkeiten, die er auf seinem Debüt "Photographs" kontrastieren lässt: Während die "A-Seite", also erste Hälfte, den Texaner als introvertierten Folk-Barden zeigt, galoppiert die entsprechende "B-Seite" auf einem halsbrecherischen Country-Kurs.
Auf das Verbindungsglied dazwischen weist schon die traditionelle Schallplatten-Unterteilung hin: Welchen Stil sich Robert Ellis auch annimmt, er bleibt Nostalgiker bis ins Mark. Nicht nur das Cover von „Photographs“ sieht mit den gerahmten Jugendfotos von Vater und Mutter Ellis aus wie frisch vom Dachboden. Auch die Musik wurzelt an den meisten Stellen genauso tief in den Siebziger Jahren wie Flokatiteppich und Blümchentapete. Unaufgeregtes Picking, melancholiegetränktes Liedermacher-Timbre, schon glaubt der Hörer nach den ersten Takten von "Friends like those", das Vinyl-Rauschen auch ohne LP aus den heimischen Lautsprechern zu hören.
Nun wäre Retro-Charme allein weder Alleinstellungsmerkmal noch Qualitätsgarant - langweilige James-Taylor-Kopien scheinen schließlich von Jahr zu Jahr mehr aufzutauchen. Der schlichten Selbstverständlichkeit allerdings, mit der Ellis so viel dichte, atmosphärische Melodieseligkeit hervorbringt, ist schwer zu widerstehen. Da sind zunächst das zerbrechliche "Bamboo" und "Cemetery" mit seinen zögerlichen und umso eindringlicheren Streichern. "Two cans of paint" wiederum lässt eben diese munter mit einem tapsigen Klavier um die Wette fiedeln - und Ellis fabuliert zwischen dem Rumpeln und Poltern derweil über die Freuden japanischer Spielekonsolen aus.
Den Übergang zu seinem anderen musikalischen Ich markiert er mit "Westbound train". Das steht anfangs im spärlichen Gitarrenkleid da, um sich in einem schrittweisen Anti-Striptease ein standesgemäßes Country-Outfit anzulegen. Inmitten der kargen Folk-Steppe dreht das Rad der Zeit sich noch ein Stück zurück und stoppt irgendwo in Hank Williams' besten Jahren. Mit Pedal-Steel-Gitarre im Gepäck zieht Ellis in den Wilden Westen und schlägt jedes Klischee souverän mit seinen eigenen Waffen. "I'm comin' home", verkündet er und flankiert "What's in it for me?" mit vollmundigen Background-Chören und Saloon-Klavier. Die Stahlsaiten seufzen ein Bending nach dem anderen, bei der Macho-Eifersüchtelei "No fun" kommt ein hyperaktives Banjo hinzu. Cool? Wohl kaum. Altmodisch? Umso mehr - und gerade deshalb mindestens so unkaputtbar wie Superman und Clark Kents Kassengestell.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bamboo
- Two cans of paint
- Westbound train
Tracklist
- Friends like those
- Bamboo
- Cemetery
- Two cans of paint
- Westbound train
- Comin' home
- What's in it for me?
- I'll never give up on you
- No fun
- Photographs
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fsdfsdfsd
2012-02-10 16:18:27
sdfsdfs
Takenot.tk
2012-02-06 21:16:00
Wirklich eine fantastische Platte, von der ich schon dachte sie wäre hier untergegangen, nachdem ich sie mir bereits letzten Herbst nach einer anderen positiven Besprechung besorgt hatte.
In den Referenzen fehlt allerdings noch Don McLean - besonders die Stimmen der beiden ähneln sich sehr.
Sehr gutes Album, das vor allem durch seine interessante Tracklist hervorsticht. Nicht nur findet die in der Rezension beschriebene Trennung der langsam Balladen und der schnelleren Country-Stücke statt, aber die langsamen stehen auch noch am Anfang, so dass das Album erst ab der 5. oder 6. Nummer wirklich Fahrt aufnimmt. Das ist natürlich besser so als andersrum, denn so hat man Anfangs noch die volle Konzentration für die ruhigen Stücke, und später dann den Spaß an den Countryesken Nummern, besonders den schnelleren.
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- Robert Ellis - Photographs (2 Beiträge / Letzter am 10.02.2012 - 16:18 Uhr)