Howler - America give up
Rough Trade / Beggars / IndigoVÖ: 13.01.2012
Die Sumpfsurfer
Zum Wellenreiten braucht man Wellen, zum Wind- und Kitesurfen eine steife Brise, und wer mit diesen neumodischen Buggys am Lenkdrachen hängend über den Strand heizen will, der braucht eine handbreit Sand unter den Rädern. Im Sumpf ist von all dem meist nicht viel zu sehen. Da plätschert es höchstens mal in einem Tümpel, wenn die Kröte auf Fliegenjagd ist. Howler juckt das nicht die Bohne. Minnesota, der Heimatstaat der Band, ist ja sowieso nicht für seine Strände bekannt, obwohl es dort immerhin weit über 10.000 Seen zu bestaunen gibt.
Mit Anfang 20 und ordentlich Feuer unterm Hintern geraten Howler natürlich schnell unter Hype-Verdacht. Spätestens seit den Arctic Monkeys stellt sich ja durchaus öfter mal die Frage, wie oft eine Band denn überhaupt im Proberaum gestanden haben kann, wenn die Mitglieder mit 19 Jahren den ersten Plattenvertrag unterschreiben. Auch das juckt Howler nicht, denn so jung klingen die fünf Musiker überwiegend nicht. Sonniger Surfpop à la Best Coast oder Surfer Blood scheint zwar in fast allen Songs auf "America give up" durch, hält sich aber die Waage mit sumpfig-verschlepptem Garagenrock der weniger angesagten Sorte.
Der eine oder andere offensichtliche Hit findet sich durchaus zwischen den elf Songs des Albums. Allen voran ist das wohl "Back of your neck" mit seinen Beach-Boys-Gedächtnis-Chören und der munter hüpfenden 60ies-Gitarre. Aber bis dahin ist es ein langer Weg. Und auf dem kommt man nicht vorbei an einer ganzen Reihe von Songs, die deutlich älter klingen als die Band. Der gemächlich rumpelnde Zweiminüter "Back to the grave" ruht sich in bester Slacker-Manier auf zwei einfachen Akkordfolgen aus, nur die auch hier eingestreuten Chöre reißen den Song aus seiner 90er-Jahre-Schludrigkeit. "This one's different" ist simpel-effektiver Indie-Punk, dessen nervöses Gitarrenriff sich wie aus einem Guss vom ersten zum letzten Ton hangelt. Die schwelgerische Art von "Too much blood" erinnert unweigerlich an The Jesus And Mary Chain, bevor die Band zu Beginn der zweiten Albumhälfte ein paar Mal zum Pogo-Tanzen und Mitgröhlen einlädt. Mit dem erwähnten "Back of your neck" und "Free drunk" verstecken sich die beiden radiotauglichen Popsongs fast ganz am Ende der Platte. Bis dahin ist alles ein wenig dreckiger und erfreulicherweise etwas unhipper als bei den meisten Genrekollegen. Bleibt zu hoffen, dass "America give up" nicht nur ein Sturm im Wasserglas ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Back to the grave
- This one's different
- Free drunk
Tracklist
- Beach sluts
- Back to the grave
- This one's different
- America
- Too much blood
- Wailing (Making out)
- Pythagorean fearem
- Told you once
- Back of your neck
- Free drunk
- Black lagoon
Referenzen
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