Laura Gibson - La Grande

City Slang / Universal
VÖ: 13.01.2012
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Feuer frei

Spröde, karg und erdig wie sein Cover war Laura Gibsons "Beasts of seasons", wahrscheinlich entstanden in Stunden unendlicher Einsamkeit. Für ihr viertes Studioalbum "La Grande" liegen die Dinge, wenn wir auch hier dem Cover Glauben schenken möchten, allerdings etwas anders. Eingehüllt in eine alte Decke, am warmen Lagerfeuer, mit offenem Blick auf uns hier draußen gerichtet steht sie da. Und was darf natürlich niemals fehlen an einem so schönen Feuerchen? Freunde, mit denen man gemeinsam singen, tanzen und trinken kann. Neben Joey Burns von Calexico, Meric Long und Logan Kroeber von The Dodos sind das auch Nate Query und Jenny Conlee von den Decemberists, die hier mit im Rund sitzen, auch wenn man sie nicht sieht. Ist ja schließlich Gibsons Album, da will sich keiner vordrängeln. Der Sound von "La Grande" ist durch die Freunde dementsprechend etwas lockerer, größer und auch ein wenig poppiger geworden, ohne die grundlegende Trockenheit und Melancholie in Gibsons Stimme zu radieren.

Gleich der Titeltrack und Opener rumpelt mit treibender Perkussion vor sich hin und erzählt seine Geschichte des Städtchens La Grande in Oregon. Gibson, die auf dem gesamten Album wunderbar altmodisch klingt, beschreibt in springsteenscher Tradition Leben und Sterben ihres Heimatstaates und seiner Menschen. Höhepunkt dieser eindrucksvoll poetischen Platte ist "Milk-heavy, pollen-eyed", ein ruhiges, getragenes Lied, vielleicht Gibsons schönstes überhaupt, übers Verlassen, Bereuen und wieder Zurückkommen zur großen Liebe. Um die warm gezupften Gitarrenakkorde schlängelt sich eine umwerfende Klarinettenmelodie - das geht mit seinen nicht einmal drei Minuten mitten ins Herz. Reumütig singt Gibson "I can not keep myself from stumbling back to you" und schmiert ihrem Liebsten Honig ums Maul. Vergleichbar intensiv ist nur das andächtige "Crow/swallow", das ähnlich instrumentiert, aber noch etwas stiller durch den Raum schwebt.

Es ist die, im Gegensatz zum eher gleichförmigen und dadurch ungleich anstrengenderen "Beasts of seasons", auffallende Stilvielfalt, die "La Grande" eine grundsätzlich andere, buntere Klangfarbe verleiht. Den Vorgänger musste man sich hart erarbeiten, "La Grande" mit seinen vielen Facetten öffnet sich dem Hörer von ganz allein. In "The rushing dark", der so ähnlich auch schon vor 70 Jahren hätte aufgenommen werden können, erklingen Gibsons Stimme und der weibliche Hintergrundchor wie aus einem knarzigen Radio. "Red moon" verströmt hingegen einen fast hawaiianischen Twang, während "The fire" einer dieser aufgedrehten Americana-Travelling-Songs ist, die Conor Oberst einst auf "I'm wide awake, it's morning" ironisch auseinander nahm. Mit "La Grande" erweitert Laura Gibson fast spielend ihren Country- und Folk-Horizont, ohne den eigentlichen Kern, ihre Herzlichkeit, dabei zu verlieren. "La Grande" hat dadurch pointiertere, rundere Stücke als sein Vorgänger, auch wenn es nicht so geschlossen sein mag. Gibson ist auch diesmal ein sehr, sehr warmes Album geglückt. So ein Lagerfeuer hat manchmal eben magische Kräfte.

(Kai Wehmeier)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Milk-heavy, pollen-eyed
  • Crow/swallow
  • The fire

Tracklist

  1. La Grande
  2. Milk-heavy, pollen-eyed
  3. Lion/lamb
  4. Skin, warming skin
  5. The rushing dark
  6. Red moon
  7. Crow/swallow
  8. The fire
  9. Time is not
  10. Feather lungs
Gesamtspielzeit: 35:46 min

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