Veto - Everything is amplified

RCA / Sony
VÖ: 25.03.2011
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Künstliche Intelligenz

Kunst und Künstlichkeit beziehen sich immer aufeinander. So philosophierte nicht nur Stephen Spielberg bereits über die zwiespältigen Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz. Philip K. Dick stellte einst die Frage, ob Androiden von elektrischen Schafen träumen. Douglas Adams inspirierte mit dem depressiv-gelangweilten Roboter Marvin aus "Per Anhalter durch die Galaxis" Radiohead zu "Paranoid android", die wiederum mit "OK computer" in existentialistischen Hymnen mit der Technik haderten. In aktuellen politischen Debatten steht die digitale Gesellschaft im ständigen Widerstreit mit den Internetausdruckern. Wo die einen das Motto "Vorsprung durch Technik" ausrufen, schreien die anderen entsetzt auf.

Und Veto? Während sich die elektrorockenden Dänen mit "Crushing digits" noch im flackernden Kunstlicht der Indiedisco positioniert hatten, setzt sich "Everything is amplified" ernsthaft mit der menschlichen Existenz in einer technisierten Welt auseinander. "Your time machine and all your technology / Could do us some good." Doch dabei entstehen fast zwangsläufig ganz reale Ängste, die man Troels Abrahamsens Stimme und den oszillierenden Texturen seiner Band vom ersten Ton an anhört. Während "Everything is amplified" die Kälte der Digitalisierung klanglich nachbildet, durchlebt Abrahamsen seine dadurch entblößte Unvollkommenheit. "You must think that we're dumb / But we only see three dimensions."

So tritt biologische Melancholie gegen maschinelle Beats an. Immer wieder zerbrechen komplexe Rhythmen über gefilterten Gitarren und flirrender Elektronik. Schon im eröffnenden "You're hard to get" hadert Abrahamsen mit den Breaks der Wirklichkeit. Der agitierte Groove von "Am I awake or should I wake up?" stellt sich der neuen Wirklichkeit im Traum: "There's nothing for you to be afraid of." Doch das Erwachen im Cyberspace ist bitter. "Cause I've never seen you like this / I don't want to see you like this." "Fell into place" verzweifelt an der Unverrückbarkeit der Dinge, die Single "Spun" spinnt eine Verschwörungstheorie, und "Popular concussion" erfriert zu stillen Klavierakkorden an der Indifferenz der Öffentlichkeit. "What the fuck are we supposed to do?"

Weil Veto die großen Themen der Welt 2.0 angehen, sind auch große Melodien nicht weit. Abrahamsens Stimme wird zu Chören vervielfältigt und erblüht in resignierter Euphorie. Er ergibt sich dem Moll und tröstet sich selbst mit weicher Hingabe. Die Musik kreiselt derweil um das Wesentliche. Vertrackte Mikrorhythmen, absteigende Harmonien, synthethischer Zauber, Energiemaximierung durch stoische Repetition. Wo aber die Begrenzung auf Nullen und Einsen den Horizont verzerrt, setzt "Everything is amplified" auf Verstärkung und Vergrößerung. Veto tun das Menschenmögliche. "We don't need to be silent anymore." Wir sind keine Sklaven der Maschinen.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • You're hard to get
  • Am I awake or should I wake up?
  • This is not
  • Spun

Tracklist

  1. You're hard to get
  2. Am I awake or should I wake up
  3. This is not
  4. Slowres
  5. Already ready
  6. If else
  7. Fell into place
  8. Take it outside
  9. Spun
  10. Popular concussion
Gesamtspielzeit: 38:42 min

Im Forum kommentieren

Speedy

2012-01-11 09:43:34

Leider kommt dieses Midtempo-Album nicht an den rasanten Vorgänger ran. "Spun" ist ganz nett, sonst haut mich die Scheibe aber nicht um.

Cabeza

2012-01-11 03:35:56

Habe ganz verpasst dass es ein neues gibt. Unglaublich gute Band.

ezz

2011-11-21 20:26:08

so gut!!

zeq1

2011-11-13 20:00:53

genau darum liebe ich dieses forum!

VETO!!

Oliver Ding

2011-11-13 19:56:32

Schickes Album. Sollte Freunden von Tiger Lou (insb. von deren letztem Album) sehr zusagen.

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