Knorkator - Tribute to uns selbst
Mercury / UniversalVÖ: 28.08.2000
Deutschlands wenigste Platte der Welt
Wir Deutschen sind bekanntlich ein lustiges Völkchen. Nie bleibt auch nur ein Auge trocken und keine populäre Stilrichtung unpersifliert. Wo ein Keith Jarett ist, gibt es auch einen Helge Schneider, hinter jeder Bad Religion lauern die passenden Ärzte, und wo die Ralph-Siegel-Sekte ihre Weichspül-Messer wetzt, kann Guildo Horn nicht weit sein. Etwas wie die "Neue Deutsche Härte" um Bands wie Rammstein, Weissglut oder Megaherz mußte besser früher als später auch heimgesucht und verwurstet werden. Diese großartige Idee klopfte eines Nachts unverhofft an die Tür von Alf Ator, Stumpi und Buzz Dee, die aus ihren Büschen krochen, um fortan als "Deutschlands meiste Band der Welt" (so der Slogan zum neuen Album) Wälder und Wiesen unsicher zu machen.
Nette Gesellen sind die drei Knoraktoren durchaus. Das weiß jeder, der sie bereits kennenlernen oder ein Konzert erleben durfte. Auf der Bühne sind sie für den einen oder anderen Schenkelklopfer gut. Wie irre, nein: Vollkommen irre rasen die drei in geschmacksfreien Pelzkostümen über die Bühne, stopfen alles, was das Catering hergibt in ihre berühmt-berüchtigte Kartoffelkanone [tm], um das Gemüse in gehäckseltem Zustand über die Köpfe des Publikums zu verteilen. Wenn dann, wie bereits des öfteren passiert, der Gemüsebomber tragischerweise den Dienst verweigert, spielt es auch keine Rolle, wenn die Kartoffelsäcke ungehäckselt durch die Lüfte fliegen. Wie vorausgesehen bleibt angesichts dessen tatsächlich kein Auge trocken und die Kopfhaut schon gar nicht, denn dort haben sich ja planmäßig Tomaten, Gurken und Sellerie breit gemacht.
In der ganz und gar unlustigen Form einer Compact-Disc sieht die Sache leider schon etwas anders aus. Denn nicht nur mit der Kartoffelkanone, sondern auch mit dem Knorkator-eigenen Humor hat es im Presswerk bei der Unterbringung auf der dritten CD des Trios Schwierigkeiten gegeben. Ein Tonträger ist ein Tonträger, und den kurzzeitig vom quietschbunten und hoffnungslos albernen Artwork stimulierten Augen fehlt es an den Reizen der Bühnenshow, die von den akustischen gekonnt ablenken. Wer ernsthaft zugibt, debilen Quatsch wie "Eh, Du alte Ficksau" in dreizehnfacher Ausführung, zu mögen, hat ein ernsthaftes Problem und sollte schnellstmöglich den Gemüsehändler seines Vertrauens aufsuchen.
Die beiden besten Songs der Platte sind alte Bekannte: Das schon ältere "Weg nach unten" im Campingmicks weiß den Humor noch durchaus pointiert einzusetzen. Die Coverversion von "All that she wants" schließlich setzt dem Faß die Krone auf uns läßt keine Fragen mehr offen; nicht mal mehr die nach dem Sinn des ohnehin völlig sinnfreien Albumtitels. Denn wer außer Knorkator selbst wäre unter diesen Vorzeichen schon für ein Tribute-Album zu gewinnen? Es soll ja tatsächlich Leute geben, auf deren Plattenspieler sich während der letzten Jahrzehnte sämtliche "Otto"-Mitschnitte wundgedreht haben und die sich selbst heute noch beim tausendsten Hören auf jeden Witz hin lachend am Boden wälzen. Für den weniger anspruchsvollen Teil von deren Nachkommenschaft könnte "Tribute to uns selbst" geschaffen sein. Ich bezweifle jedoch, daß besonders viele davon die defekte Kartoffelkanone ohne bleibende Schäden überstanden haben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- All that she wants (is another baby)
- Weg nach unten (Campingmicks)
Tracklist
- Khid tyng baan
- Jetzt wird abgerechnet
- Verflucht und zugenäht
- Viva Buzz Dee
- Komm wieder her
- Tötet sie alle
- Extrawurst
- Ich verachte Jugendliche
- All that she wants (is another baby)
- Ich lass mich klonen
- Weg nach unten (Campingmicks)
- Eh, Du alte Ficksau
- Und ging
Referenzen
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