Sigur Rós - Inni

Krank / PIAS / Rough Trade
VÖ: 04.11.2011
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Luftschlösser

Live-Alben und Pornofilme haben auf den ersten Blick nicht viel gemein. Und auch auf den zweiten Blick wird man wohl kaum Parallelen ausmachen können. Dabei ist es so offensichtlich: Beide Werke beruhen auf der gleichen Idee. Sowohl mit einem Live-Album der Lieblingsband als auch mit einem Pornofilmchen kommt der Rezipient ebenjener Erzeugnisse einer kompensatorischen Bedürfnisbefriedigung nach. Oder erinnert sich daran, wie es damals war: der letzte Konzertbesuch im Jahr 1985, der letzte Sex zwei Wochen später. Für all diejenigen, die also bislang noch keinem Konzert der isländischen Darlings Sigur Rós beiwohnen durften, ist "Inni" eine hervorragende Möglichkeit, das leider immer noch nicht in den Menschenrechten festgesetzte Grundbedürfnis nach harmonischem, live-gespieltem Ambient-Postrock zu befriedigen. Alle anderen, die bereits in den Genuss kamen, Jónsi und Co. auf der Bühne zu erleben, dürfen in Erinnerungen schwelgen. "Inni" liefert schließlich ebenso Ton- wie Bildmaterial, so dass für jeden was dabei sein dürfte.

Über die Qualität der Songs muss man keine Worte verlieren, Sigur Rós haben sich nicht umsonst einen großen Namen erspielt, gelten nicht umsonst als Vorzeige-Postrocker, wobei sie diesen Begriff mit jeder weiteren Albumveröffentlichung weiter ausdehnen. "Inni" ist nach "Hvarf/Heim" das nächste Live-Dokument und enthält Stücke der gesamten Schaffensphase, was erneut die wahnsinnige Entwicklung dieses Quartetts illustriert. Vor allem live sind Sigur Rós unfassbar intensiv, selbst wenn man kein Wort Isländisch oder gar Vonlenska spricht. Nicht von dieser Welt, meistens. Überirdisch, aber dieses Etikett wurde in diesem Kontext schon zu oft verwendet. Die einzelnen Songs liefern sich über jede Sprachbarriere hinweg einen Wettstreit darum, wer die hartnäckigste Gänsehaut zu erzeugen vermag: das zärtliche "Sæglópur"? Der Stampfer "Ný batterí"? Oder gar das noch etwas frischere "Inní mér syngur vitleysingur"? Eigentlich ist es völlig egal, denn wenn die Sonne untergeht und diese Lieder in der Luft liegen, bleibt überhaupt kein Platz für solche Gedanken. "Inni" bringt dies hervorragend auf den Punkt.

Und dann wäre da noch die DVD: Hier erweisen die Songs auch in der kompakten Einheit des einen Konzertmitschnitts ihre Präsenz, bauen aber auch in dieser neuen Kombination einen tollen Spannungsbogen auf. Das Konzert selbst gibt es in grobkörnigem Schwarz-Weiß zu sehen, vielleicht ein Statement gegen den 3D-Wahnsinn, vielleicht auch nur künstlerische Selbstjustierung. Sigur Rós brauchen keine farbigen Konzertmitschnitte, ihre Songs scheinen selbst hell genug. Könnte man jetzt schreiben. Zwischen den einzelnen Stücken gibt es kurze, wie zufällig hineingerutschte Ausschnitte aus dem Tour-Alltag der Isländer. In Farbe. Aber auch das wirkt stimmig, denn diese Bruchstücke sind eben sehr kurz gehalten und lockern eher auf, als dass sie das Konzerterlebnis stören. "Inni" bleibt ein intensives, sensibles Erlebnis. Ein nachhaltiger Eindruck davon, wie gut ein Konzert von Sigur Rós (nicht nur) in Wirklichkeit ist. Über jeden Zweifel erhaben.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Svefn-g-englar
  • Ný batterí
  • Inní mér syngur vitleysingur
  • Sæglópur

Tracklist

  • CD 1
    1. Svefn-g-englar
    2. Glósóli
    3. Ný batterí
    4. Fljótavík
    5. Við spilum endalaust
    6. Hoppípolla
    7. Með blóðnasir
    8. Inní mér syngur vitleysingur
    9. E-bow
  • CD 2
    1. Sæglópur
    2. Festival
    3. Hafsól
    4. All alright
    5. Popplagið
    6. Lúppulagið
  • DVD 1
    1. Ný batterí
    2. Svefn-g-englar
    3. Fljótavík
    4. Inní mér syngur vitleysingur
    5. Sæglópur
    6. Festival
    7. E-bow
    8. Popplagið
    9. Lúppulagið
    10. All alright
    11. Glósóli
    12. Hafsól
    13. Við spilum endalaust
Gesamtspielzeit: 179:04 min

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kopfhörer

2022-03-19 01:41:28

Die Einleitung der Rezension! Herrlich! Ich schau mir eben das Konzert auf dem TV und immer wieder überkommt mich diese große Verbundenheit mit der Band. Die Wenigsten von uns verstehen den Text, aber ich bin mir sicher dass jeder, der die Band in sein Herz geschlossen hat, versteht. Ich spüre immer eine unfassbar große Liebe zum Leben. Zum Lieben. Ich denke an die banalsten Dinge im Leben. Und welche Freude sie mir bereiten. Ich liebe diese Band. Alles an ihr! Musik ist, wofür ich lebe.

kingbritt

2020-01-05 20:53:15


yup! Reverb-Geshimmer! Besser die DVD, Sound auch nicht dolle aber die Performance (Bühnen-Mikado)

The MACHINA of God

2020-01-05 20:30:40

Find den Sound nicht ideal... trotzdem ein tolles Live-Zeugnis dieser grandiosen Live-Band.

ponreXErabop

2013-03-26 21:42:39

Thats a very interesting post. And now, piss off, you fucking spambot!!!

TV-Tipp

2011-12-10 20:01:12

Bericht über Inni bei Metropolis auf arte (heute Nacht ab 0:10)

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