Hedvig Mollestad Trio - Shoot!

Rune Grammofon / Cargo
VÖ: 04.11.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Jazz mit der Axt

"Jazz" sagt iTunes, wenn man die CD einlegt. Auf Jazz und Experimentalmusik ist auch das norwegische Label Rune Grammofon spezialisiert, bei der das Hedvig Mollestad Trio sein erstes Album veröffentlicht. Und auch der Name der Band um die junge Gitarristin klingt unmissverständlich nach Jazz. Statt Klavier oder Saxophon oder Trompete also eine Gitarre, ansonsten klassische Triobesetzung. So weit, so unspektakulär.

Großartigerweise spucken die drei Norweger ab dem ersten Riff auf jegliche Erwartungshaltung. Die Band hat den Kammermusikstaub schon vor dem Gang ins Studio abgeschüttelt und stattdessen einen Ausflug in den nahegelegensten norwegischen Sandsturm gemacht, um sich etwas Inspiration zu holen. "Jazz" ist hier "Rock", "Gitarre" bedeutet "Overdrive", und "Blood witch" trägt nicht nur zufällig denselben Titel wie ein Melvins-Song von "A senile animal". Im Kern ist "Shoot!" schon eine Jazzplatte. Die Rhythmen, die Kompositionen, das ständige Auf und Ab, die Fokussierung auf das Soloinstrument, die ständigen Tempo- und Taktwechsel - all das ist nicht weniger jazzig als "Take 5" oder "A love supreme".

Die Melodiefiguren fügen sich aber schon auf "Gun and the e-kid" eher zu mächtigen Riffs zusammen. Mollestad tänzelt die Skalen auf und ab, rifft sich durch den halsbrecherischen Rhythmus und lässt erst mal keinen Zweifel daran, dass man hier ein Rockalbum hört. Dabei verkommen die ausgedehnten Soli nie zu einer fiepend-kreischenden Angeber-Orgie, sondern bleiben geerdet und spielen gekonnt mit dem satten Groove von Schlagzeug und Bass. Nirgends wird das deutlicher als in "For the air", wenn Mollestad ihre zu Beginn etwas wild gewordene Gitarre ganz sanft vom tief rumpelnden Bass und dem schlank aufspielenden Schlagzeug überrollen lässt.

In "Doom's lair" bleibt sogar Zeit für ein ausgedehntes Basssolo, das die Platte etwas in Richtung Free Jazz bugsiert. "The dead one" verbindet dann butterweiche Harmonieabfahrten mit leicht dissonanten Improvisationen, denen auf charmante Weise immer wieder der Takt leicht entgleitet, nur um gleich wieder eine Punktlandung hinzulegen. In der zweiten Hälfte lehnt sich "Shoot!" eindeutig weiter aus dem Fenster, die Rockanleihen lassen sich schwerer ausmachen, und freiere Kompositionen nehmen Überhand. Gut, dass das Trio nach dem nervenaufreibend quengelnden Ende von "No encore" mit dem geschickt platzierten Gegengewicht "Blood witch" einfach ganz trocken die Melvins covert, sogar irgendwie Gesang dazwischen schmuggelt und ganz nebenbei seine Symbiose aus (Stoner-)Rock und Jazz perfektioniert. So weit, so spektakulär.

(Maik Maerten)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Gun and the e-kid
  • For the air
  • Blood witch

Tracklist

  1. Gun and the e-kid
  2. Ashes
  3. For the air
  4. Doom's lair
  5. The dead one
  6. Sidetracked
  7. No encore
  8. Bood witch
  9. The valley
Gesamtspielzeit: 39:05 min

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