
Ira - These are the arms
Golden Antenna / Broken SilenceVÖ: 30.09.2011
Collagenrock
Sowohl die Collage als auch das Mosaik sind Kunstwerke, die aus anderen, kleinen, im fertigen Werk immer noch erkennbaren Einzelteilen zusammengesetzt sind. Nicht nur in der bildenden Kunst, auch in der Literatur und der Musik sind beides gerne verwandte Techniken. Denn sie erlauben es dem Künstler, die einzelnen Stücke seiner Arbeit auch im vollendeten Werk sichtbar zu machen. Der Betrachter hat vielleicht ein Interesse an den Details, braucht aber auch nur ein paar Schritte zurück zu gehen und sieht das ganze, zusammenhängende Werk. Aber was ist nun der Unterschied zwischen Mosaik und Collage?
Die Konstanzer Postrocker Ira haben mit ihrem zweiten Album "These are the arms" eine Antwort darauf. Das ganze Werk erscheint - mit ein paar Schritten Abstand - als Collage. Es versammelt Sounds, Songs und musikalische Fragmente, die nicht unbedingt in jeder Lage zusammenpassen. Manche erscheinen zerrissen, durchgeschnitten oder anderweitig verfremdet und unvollständig. Andere sind komplett und ausformuliert, achtminütige Kompositionen von behutsamer Komplexität, strahlender Schönheit und wachsender Wucht. Angeordnet sind diese Einzelteile so, dass sie Sinn ergeben, einer Spannungskurve folgen und am Ende ihren Anfang wiederfinden.
Die Songs selbst sind eher Mosaike, passgenau zusammengesetzt aus kleineren und größeren Elementen von eindeutiger Farbe. Da sind vor allem die schwebenden Gitarrenfiguren und das langsame, spartanische Schlagzeug, die zusammen den riesigen Raum definieren, den Ira mal füllen und mal ganz bewusst leer lassen. Da gibt es zwingende Refrains mit kantigen Riffs wie im Opener "Katapult", sanfte Melodiebögen nur ein paar Sekunden später und befremdliches Geklimper wie in "EPK".
Sänger Tobias Hoffmann trägt mit seiner klaren, ruhigen Stimme dazu bei, dass "These are the arms" von vorne bis hinten eine gemächliche Angelegenheit bleibt. Meist singt er auf Englisch, aber manchmal streut er deutsche Spoken-Word-Bruchstücke ein. So ergibt sich ein hypnotisches Ganzes im Dreieck zwischen psychedelischem Postrock, Pop und New Wave, dessen Einzelteile auch für sich funktionieren, wie der melancholische Endzeit-Pop von "The gift" oder das nie so richtig laute, aber beeindruckend monumentale "Hydrophobia". Wenn die Band aber am Schluss dieses Songs den Bogen wieder zurück schlägt zum Beginn, ist das wie der mentale Schritt zurück, der den Blick auf das noch viel beeindruckendere Gesamtwerk freigibt. Manchmal liegt Musik eben doch ganz im Auge des Betrachters.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The gift
- Hydrophobia
Tracklist
- Katapult
- EPK
- A new profile
- Score
- The gift
- Hydrophobia
Referenzen