Wolves In The Throne Room - Celestial lineage
Southern Lord / SoulfoodVÖ: 23.09.2011
Die Welt ohne uns
Wen mal wieder das eigene Alter quält, wer ob der derzeitigen Musiklandschaft bloß noch ans wohlige Gestern zu denken vermag und wer dann in allgemeinen Kulturpessimismus verfällt, dem sei hiermit ein Rat gegeben: Black Metal hören. Zum einen freilich, weil das lange Warten aufs Ende da gnadenlos in Klang gepackt wird. Zum anderen, und das interessiert hier besonders, weil der Black Metal die wohl vitalste und zu den extremsten Transformationen fähige Musikszene der letzten Jahre ist. Ob nun bei der shoegazigen Variante bei Woods Of Desolation, der Übersetzung des Überwältigungsscreamos von Envy bei Deafheaven oder dem verstörend eingängigen Black Metal von Liturgy, den man an den Stränden einer gerechten Welt hören würde – hier wird mit rücksichtsloser Konsequenz der üblicherweise dogmatische Black Metal zum Ersatzteillager für den verlorengegangenen Extremismus vieler Spielarten der harten Musik: Da Death und Thrash längst zum Allgemeingut der Popkultur geworden sind, seit sie den darbenden New Metal beerbt haben, ist dies ein logischer Schritt. Wolves In The Throne Room markierten vor nunmehr vier Jahren einen entscheidenden Einspruch gegen eine Kanonisierung des Black Metal und wagten einen Aufbruch hin zu neuen Ufern, indem sie Black Metal und Postrock in eins fallen ließen. Just heute gelangt dieses Streben mit dem Album "Celestial lineage" zu einem selbstverordneten Abschluss. Wolves In The Throne Room nämlich haben angekündigt, das hiermit ein Endpunkt ihres Schaffens erreicht sei.
Ein letztes mal in den Abgrund starren also. Und tatsächlich tun sich auf "Celestial lineage" wiederholt lichtschluckende Minuten auf, Momente, die aller Hoffnung das Grab schaufeln. Für jene, die nicht seit Jahr und Tag Black Metal hören, versprechen Wolves In The Throne Room auch hier noch immer einige Verstörung. Dennoch erschien der Kontakt für den gemeinen Hörer der Post-ismen (Postrock, Postpunk, Postmetal), für all die Zuspätgekommen, noch nie so einfach. Mit der unfreiwilligen Komik mancher Black-Metal-Band hat das rein gar nichts mehr zu tun. Wolves In The Throne Room bestechen mit jenem Todernst, den die Puristen wohl noch immer hassen. Es ist dafür sehr wahrscheinlich, dass "Celestial lineage" bei jenen Hörern Begeisterung hervorruft, die Mount Eeries phänomenale Interpretation des Folk schätzen. Zusammengehalten von einigen zurückgenommen Interludes, erinnert der Ansatz von "Celestial lineage" eher an das Songwriting einer Band wie Isis. So schlägt "Subterranean initiation" sieben Minuten auf den Hörer ein, zerschindet Körper mit tongewordener Misanthropie. Wer hier nichts empfindet, hat längst kapituliert. Am giftigsten und randvoll mit Ideen gerät "Astral blood", das zwischenzeitlich gar Luft holt und Platz macht für eine liebliche Harfenmelodie. Aber natürlich ist auch diese machtlos gegen das nahende Unheil, das schlussendlich über jeden Moment der Stille auf "Celestial lineage" herfällt. Das vielbeschworene ökologische Gewissen von Wolves In The Throne Room meint man in diesen Gewaltszenarien in voller Klarheit zu sehen, und seine Logik ist: Die Natur zu ihrem Recht kommen lassen durch die Tilgung des Menschen.
Womöglich ist "Celestial lineage" nicht besser als seine Vorgänger, sicher sogar folgen Wolves In The Throne Room noch immer demselben künstlerischen Ansatz, aber sie tun dies erneut mit einer Intensität, die Fleisch vom Knochen schält. Den Schritt zum Meisterwerk kann "Celestial lineage" nicht gehen, weil der Hörer mitunter weiß, was da auf ihn zurollt. Neben der Brillanz der letzten Veröffentlichungen der jugendlichen Revoluzzer von Liturgy und Deafheaven nehmen Wolves In The Throne Room die Rolle der altersweisen Ikonen ein. Sie haben zweifellos erreicht, was ihnen vorschwebte und mit ihren Veröffentlichungen der letzten vier Jahre maßgeblich dazu beigetragen, den Black Metal zu einem Blick nach rechts und nach links zu bewegen, indem sie seine Zerstörungswut kanalisierten. Der Schritt zu gänzlich neuen Ufern wirkt da nur konsequent. Besitzstandswahrung ist ihre Sache nicht. Über die Zukunft dessen, was man sicherlich bald Post-Black-Metal nennen wird, muss sich dennoch keiner Sorgen machen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Subterranean initiation
- Astral blood
- Prayer for transformation
Tracklist
- Thuja magus imperium
- Permanent changes in consciousness
- Subterranean initiation
- Rainbow illness
- Woodland cathedral
- Astral blood
- Prayer for transformation
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Rudi Aschlmeier, Vampirjäger
2018-12-31 17:36:34
Metal ist mir einfach zu hart.
amok
2018-12-31 17:35:06
finde auch die celestial lineage am besten, die 4 hauptsongs sind alle 10/10.
nur woodland cathedral isn remake von dea artio in schlechter.
hilde
2014-01-19 05:37:38
hier jetzt mal eine tolle band,
4. two hunters - 8-10
3. diadem of 12 stars
2. black cascade
1. celestial lineage - 10-10
Joko Winterscheidt
2013-12-07 20:58:00
Muß man sich definitiv schönhören, wenn man momentan mitreden will. Pitchfork-Black Metal rulez!!!
schluck
2013-12-07 18:36:08
1. celestial lineage
2. black cascade
3. diadem of 12 stars
4. two hunters,
fantastische band voller besessenheit und authenzität
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