The Jayhawks - Mockingbird time

Rounder / Universal
VÖ: 02.09.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Vorgestern übermorgen

Wie Karlsson vom Dach proppelern The Jayhawks nun schon seit über 25 Jahren unterhalb dessen, was man ihnen an Aufmerksamkeit wünschen würde, durch die Musiklandschaft. Für "Mockingbird time", ihr erstes Album seit acht Jahren, nehmen die Gründungsmitglieder und Chef-Songwriter Gary Louris und Mark Olson - letzerer für immerhin drei Platten nicht mehr Teil der Band - ihr erneutes Zusammentreffen Mitte des vergangenen Jahrzehnts zum Anlass, die Geschichte der Jayhawks weiterzuschreiben. Doch ob nun Früh-, Mittel- oder Spätwerk: Auch "Mockingbird time" zieht seine Kraft letztlich daraus, dass der Hörer ständig meint, es sängen Lennon/McCartney bei Big Star um die Wette, während (ganz) ganz weit hinten im Orchestergraben Neil Young Gram Parsons mit seiner Les Paul vermöbelt.

Denn multinstrumentales Hi-Fi gibt es wahrlich zur Genüge auf "Mockingbird time": Durch den balladesken Schnorchelrhythmus von "Tiny arrows" fließen Pedal Steel, Klavierbetonungen und Clapton-Gitarren zu einem 60ies-Pop zusammen, dem drei harmonische Öffnungen genügen, um sich auch noch zu einem wundervollen Refrain zu verdichten. Zwar sind davon auch die Jayhawks selbst derart begeistert, dass sie sich zwischendrin in einem eigentlich redundanten Blues-Solo-Wirrwarr verlieren, doch was soll's - die starken Schultern dieses Songs halten auch das absolut aus. Und für all diejenigen, denen das vielleicht doch zu erschöpfend ist, bietet der sonnige Folkpop von "She walks in so many ways" eine mehr als passgenaue Erlösung.

Bereits hier zeigt sich, dass The Jayhawks auf "Mockingbird time" ihr Potential nicht nur voll ausschöpfen wollen - was gerade bei Reunion-Alben ja durchaus verkrampft in die Hose gehen kann. Stattdessen schaffen es die fünf Minneapolitaner, dass selbst der etwas angestaubte Country-Roots-Rock von "Cinnemon love" und "High water blues" genau richtig im Album sitzt - und seine Schlichtheit gar nicht auffällt, da das Glühen all dessen, was ihn umgibt, noch nicht abgeebbt ist. Zumal auch hier die Duettgesänge, Mundharmonikas, Klaviere, Streicher und Gitarren einträchtig durcheinanderwirbeln - auf dann eben nur vordergründig etwas antiquiertem Terrain.

Ansonsten schunkelt und humpelt der Rhythmus durch die hervorragenden "Guilder Annie", "Closer to your side" und "Black-eyed Susan" - und gibt somit genau den Raum, den die Jayhawks für die Arrangements all ihrer Finten, Tricks und immer wieder großartigen, doch maßvoll vorgetragenen Melodien benötigen. "Pouring rain at dawn" erfindet dann kurz vor Schluss gar noch einmal eine freudvoll jammernde Country-Anleihe, die derart hinhaut, dass sie auch Death Cab For Cutie wilkommene Abwechslung bieten würde, bevor "Her Mr. Man" einen Gang Psychedelic Rock hinterherschiebt. Wer eher durch die 00er Spielarten des Alternative Country geprägt wurde, mag sich fragen, wo da jetzt Atmosphäre, Verzweiflung und Weltmusik-Klingklang bleiben. Doch was der Zeitgeist nicht weiß, das stört keinen großen Geist.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Closer to your side
  • Tiny arrows
  • She walks in so many ways
  • Guilder Annie
  • Pouring rain at dawn

Tracklist

  1. Hide your colors
  2. Closer to your side
  3. Tiny arrows
  4. She walks in so many ways
  5. High water blues
  6. Mockingbird time
  7. Stand out in the rain
  8. Cinnamon love
  9. Guilder Annie
  10. Black-eyed Susan
  11. Pouring rain at dawn
  12. Her Mr. Man
Gesamtspielzeit: 50:36 min

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