Adolar - Zu den Takten des Programms

Unterm Durchschnitt / Broken Silence
VÖ: 14.10.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Gerne haben

Die Band Adolar müsste ihre neue Platte "Zu den Takten des Programms" in einer Spezialedition verkaufen, die nicht bloß in limitierte Auflage erhältlich ist. Für den Inhalt empfehlen wir neben dem Obligatorischen - Platte, Hülle, Gedöns - den folgenden Extraservice, in analphabetischer Reihenfolge: für Humorlose eine Palette Instant-Tüten voll Selbstironie, die irgendwie noch ins Paket passen muss; für allzu Zartbesaitete einen Crashkurs-Gutschein in wahrhaft erlesenem Musik-Geschmack; und für alle die passenden Schuhe (klobig wie ein Suppenwürfel, rosafarben, mit fünf Zentimeter hohen Absätzen und Klettverschluss), mit der man diese Platte auf der Tanzfläche seines Vertrauens richtig würdigen kann. Alles andere würde "Zu den Takten des Programms" nicht gerecht werden.

Nach dem Auflegen wird "Zu den Takten des Programms" keine zwei Songs alt, da haben Adolar die erste Zunft im Sack. Da outen sie sich als die autonomen Bauchmusiker, die sie sind. Lassen ihre Sägegitarren Zickzack über Takte fahren, die bei marktgerecht umgescheitelten Bands handzahmer Emopunk geworden wären, lassen ihren Schlagzeuger einen Beat wummsen, der stramm bis vier durchzählt und fast zu geradlinig gespielt ist, um von einem Underground-Label wie Unterm Durchschnitt finanziert zu werden - und liefern augenzwinkernd Rezensenten die Bedienungsanleitung zum Song zur Platte gleich mit: "Reiß ein Paket auf, lehn Dich zurück / Hol tief Luft und dann drückst Du auf "Play" / Du hast das alles schon mal gehört." Und später dann: "Ihr hört euch Platten an und schreibt etwas auf / Schreib, schreib, etwas auf." Wenn Plattentests.de nicht längst eine inoffizielle Einlaufhymne hätte, zu der sich seine Angestellten auf ihren Knochenjob einstimmen würden - hier wäre sie.

"Schreib etwas auf" ist eine Momentaufnahme auf dieser Platte, die symptomatisch ist. Symptomatisch für eine Band namens Adolar, die sich weder Mund noch Gegensätze verbieten lässt. Oder etwa die Spielregeln von irgendwem vordiktieren: In "Tramedar" wechseln Adolar immer wieder Moll-Akkorde in eine Dur-Punknummer ein. Scheinbanale Alltagsgeschichten um eingerostete Beziehungskisten wie "Kleinlichkeiten im ersten Stock" brechen sie im späteren Verlauf dieses Albums auf eine Spoken-Word-Sondereinlage herunter. Selbst das einzige Liebeslied ihrer Platte, "Wein ist meine Jacke", setzt da ein, wo die Liebe schon lange verflogen ist. Die Bassgitarre wummert wie ein Kammerflimmern, die Frau ist längst weg.

Zudem ist "Zu den Takten des Programms" aber eben immer auch die Platte der spannenden Gegensätze: Jede Nummer enthält mindestens einen Beat, einen Refrain und eine Zeile, mit denen Adolar auch bei Bierzeltbesuchern um Mitternacht mit drei Promille punkten könnten. Bei denen vielleicht umso mehr: "Ungelenk und einstudiert" ist nebenbei gehört astrein gespielter Postpunk mit kräftigen Luftgitarren-Riffs, wie manch Party-DJ sie gerne haben würde - wären da nicht die Bosheiten, die auf genau sie abzielen: "DJs dieser Welt, ich will euch leiden sehen / Drei Minuten pro Gefühl / ... / Das ist keine Leidenschaft / Nur sozial-vertikaler Chauvinismus / Diktatur in Großraumdiscos." Ein Knistern aus Punk, Post, Humor und versteckten Bosheiten - am Vorabend vom Meisterwerk.

(Sven Cadario)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Tanzenkotzen
  • Tramedar
  • Leidzins to kill

Tracklist

  1. Tanzenkotzen
  2. Schreib etwas auf
  3. Zu den Takten des Programms
  4. Die ekelhaften Pläne
  5. Tramedar
  6. Kleinlichkeiten im ersten Stock
  7. Zum Geburtstag alles Erdenkliche
  8. Ungelenk und einstudiert
  9. Leidzins to kill
  10. Wein ist meine Jacke
Gesamtspielzeit: 44:33 min

Im Forum kommentieren

Beefy

2011-12-15 11:23:24

Biffy Clyro auf deutsch. Klasse, echt jetzt!

zz

2011-10-30 18:01:46

adolar singt gar nicht über arbeit ist scheiße jedenfalls nicht auf der neuen scheibe!

Labeltyp

2011-10-23 15:08:52

23.10.2011 Oerlinghausen, JZO
24.10.2011 Jena, Café Wagner
25.10.2011 Oberhausen, Druckluft
26.10.2011 Leipzig, Conne Island
27.10.2011 Frankfurt am Main, 11er
28.10.2011 Freiburg, KTS
07.11.2011 Erlangen, E-Werk
10.11.2011 Hamburg, Molotow
18.11.2011 Eisenach, Schlachthof +Herrenmagazin
19.11.2011 Siegen, Vortex
25.11.2011 Stuttgart, Zwölfzehn (Das Ding - Stuttgart Calling)
26.11.2011 Saarbrücken, Kleine Garage
02.12.2011 Aachen, Musikbunker
03.12.2011 Oer-Erkenschwick, Juze
09.12.2011 Halle, Objekt 5
10.12.2011 Gütersloh, Alte Weberei
25.12.2011 Wolfsburg, Jugendhaus Ost
12.01.2012 Magdeburg, Factory
13.01.2012 Osnabrück, Kleine Freiheit

2011-10-15 13:44:47

Auf simfy übrigens zu hören:
http://www.simfy.de/artists/313895-Adolar/albums/1293527-Zu-den-Takten-des-Programms

Auch wenn man sich da meistens (gratis) anmelden muss, dass die Seite nicht rumzickt.

Doppelganger

2011-10-15 13:41:03

Die beiden neuen Songs finde ich auch nicht so spannend, wobei ich da überhaupt kein Bloc Party raushöre. Das erste Album war stark, auch textlich.
http://www.youtube.com/watch?v=LC5Y8tqkLHc

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