Evidence - Cats & dogs
Rhymesayers / Rough TradeVÖ: 07.10.2011
Woher der Wind bläst
Am Ende hängen sie doch alle aufeinander. Crew-Mitglieder gehen ihre eigenen Wege, nur um dann auf ihren Solo-Platten die gewohnten Nasen zu featuren. Und auch Evidence holt sich die Unterstützung von Babu und Rakaa für sein zweites Album "Cats & dogs", das die Rhymesayers auf den Markt schmeißen - das Label aus Minneapolis steht ja nicht erst seit gestern für gutes Zeug abseits der eingetretenen Pfade im Rap. Aber statt den Sound der Dilated Peoples aufzukochen, hatte Michael Perretta schon auf seinem Debüt vor vier Jahren dafür gesorgt, dass sich die Sache anständig vom Output seiner Crew unterscheidet: Düstere Beats und tiefere Einblicke machten aus "The weatherman" eine semigeheime Empfehlung erster Güte.
Und alle, die diesem Tipp nachgingen, verharrten seither in Vorfreude auf die nächste Platte, die sich neben Babu und Rakaa mit Features wie Aesop Rock, Aloe Blacc und Raekwon ankündigte. Das legendärste Feature erscheint aber in der Liste der Producer, denn DJ Premier schob in "You" einem Sample von Mavis Staples einen satten Beat alter Schule unter. Dabei sticht die Nummer nicht einmal heraus, denn auch The Alchemist, der bei einem Großteil der Tracks an den Knöpfen saß, und die übrigen Producer haben Evidence und Gästen erstaunliche Takte gebaut. "I don't need love" lässt sein Herz statisch pumpen und auch die Samples sind bis kurz vor den Kitsch überspitzt. "I don't need love anymore / I need pressure, pain, my veins feeling so electric." Trotz dieser grantigen Absage an die Liebe, zieht Evidence seiner Seele zumindest mal die Kappe aus. Auch wenn es sich an vielen Stellen anbietet, erzählt Evidence zwar von sich, aber er will kein Mitleid und öffnet auch nicht sein Tagebuch.
Dann wäre da noch die Lücke, dieser dreizehnte Track, der nach drei Sekunden im Nichts landet. Dafür legt "To be continued..." umso breiter nach. Ein Blasinstrument wummert zu dem dicken Bass und auch der Beat drückt den langsamen Flow von Evidence nach vorne. Wo andere abgehen würden, hat es Evidence nicht eilig, sondern legt Wert auf die einzelnen Worte und ihre Betonung. Das passiert aber nicht mit akribischem Zwang, sondern auf ganz natürliche Art. So fügen sich auch die Features in diese Platte ohne die Stimmung zu stören. Da passen die großspurigen Reime von Raekwon genauso rein, wie die absurden Verse von Aesop Rock. Evidence kennt den Weg der Platte, der mit den "Liner notes" beginnt und im von DJ Premier geschnürten Epilog endet. Rostig schmiert da im Hintergrund ein Schallbecher ab. Der Regen hat ihn über die Dauer des Albums wohl altern lassen. Denn das Motiv des Regens bleibt durchgehend erhalten, setzt sich aber nicht in die Tracks ab, sondern nur in einzelnen Skits. Erst kurz vor Schluss dringen die Schauer doch noch durch. Das hat Evidence aber so geplant. Manchmal braucht es eben doch einen Wettermann, um zu wissen, aus welcher Richtung der Wind bläst.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The red carpet (feat. Raekwon & Ras Kass)
- I don't need love
- You
- To be continued...
Tracklist
- The liner notes (feat. Aloe Blacc)
- Strangers
- The red carpet (feat. Raekwon & Ras Kass)
- It wasn't me
- I don't need love
- You
- God bless the man
- Fame (feat. Roc Marciano & Prodigy)
- James Hendrix (StepBrothers)
- Late for the sky (feat. Slug & Aesop Rock)
- Crash
- Where you come from? (feat. Rakaa, Lil Fame & Termanology)
- ...
- To be continued...
- Falling down
- Well runs dry (feat. Krondon)
- The epilogue
Referenzen
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