
Sondre Lerche - Sondre Lerche
Mona / Tellé / SoulfoodVÖ: 09.09.2011
Wie im Fluge
In der letzten Redaktionskonferenz wurde einstimmig beschlossen, dass Plattentests.de sich in Zukunft noch ausführlicher mit Vögeln befassen wird und dass an dieser Stelle eine lose Folge informativer Referate beginnt. Den Anfang macht ein Vortrag über eine spezielle Art der gefiederten Freunde: Lerchen nisten auf dem Boden und legen zwei bis sechs gefleckte Eier. Betrachten wir als Beispiel das sechste Werk eines norwegischen Exemplars. Es hat auffällig viele helle und nur ganz wenige etwas dunklere Flecken. Und weil dieses skandinavische Geschöpf eine besondre Lerche ist, hält es sich nicht an die Fortbewegungs-Gepflogenheiten seiner Artgenossen, die auf der Erde ausschließlich laufen – Sondre Lerche hüpft. Nein: Vielmehr federt er, elegant und beschwingt. Durch souverän mäandrierende Melodien, die stets eine nostalgisch parfümierte und trotzdem hellwache Jazz-Leichtigkeit an ihrer Seite haben. Chet Baker hat Lerche gezeigt, wie man flügge wird.
Seine Flügel haben ihn von Bergen bis nach New York City getragen, wo er nun seit einigen Jahren lebt und brütet und wo in schöner Regelmäßigkeit neue Projekte schlüpfen. Darunter eine Kollaboration mit Regina Spektor, aber auch die noch frische Gründung seines eigenen Labels Mona Records. Benannt nach seiner Gattin, die im Eröffnungsstück "Ricochet", einem ganz zauberhaften Kleinod mit "Norwegian wood"-Anspielung, gemeinsam mit Marit Larsen Backing Vocals singt. Ohnehin scheint Lerche ein geselliger Typ zu sein: Für die Aufnahmen seines neuen, selbstbetitelten Albums hat er sich eine ganze Schar illustrer Mitmusiker geholt, so auch Mckenzie Scott, hauptberuflich Drummer bei Midlake. Drei Wochen haben die Studio-Sessions in Brooklyn gedauert, bis zehn doch eher spartanisch instrumentierte Stücke fertig waren – interessant arrangiert, mit einer herrlich unaufdringlichen Eingängigkeit und einer Verschmitztheit gesegnet, die sich letztendlich immer für das Gefühl entscheidet, anstatt sich den halbherzigen Versuchungen der Ironie hinzugeben.
So ist es auch ausschließlich als Hommage zu verstehen, dass der Opener mit den Worten "Wouldn't it be nice" beginnt und gegen Ende sogar noch ein paar Beach-Boys-"Bababa"s zum Besten gibt. Die erste Single "Private caller", mit ihrem gar nicht so schüchternen Pop-Appeal und dem aufbrausenden Gitarren-Crescendo am Ende, erinnert wiederum ein wenig an Elvis Costello, und Lerche zwitschert: "What a great mess we're in." Fürwahr großartig sind auch die luftige Folk-Rock-Nummer "Living dangerously" und das entspannt vor sich hin bluesende, lieblich dem Jazz zuzwinkernde "Domino". Dass man bei "Coliseum town" mit seinen fernöstlich anmutenden Streichern an Andrew Bird denken könnte, muss wohl daran liegen, dass auch er einen Vogel hat. In seinem Namen, wohlgemerkt. Während "Red flags" weitgehend akustisch die Fahnen schwenkt, und zwar sehr hübsch, darf bei "Go right ahead" sogar ein Synthesizer mit ins Nestchen. In der Brutstätte wird allerdings gar nicht unbedingt tiriliert – es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Lerche ihren Gesang am liebsten im Flug vorträgt. Hinsichtlich dieser Eigenschaft bildet auch Sondre Lerche keine Ausnahme – von einem kleinen Unterschied abgesehen: Er fliegt deutlich höher als die meisten seiner Artgenossen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Ricochet
- Private caller
- Red flags
- Domino
Tracklist
- Ricochet
- Private caller
- Red flags
- Go right ahead
- Coliseum town
- Never mind the typos
- Domino
- Living dangerously
- Tied up to the tide
- When the river
Referenzen
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