Polar Bear Club - Clash battle guilt pride

Bridge Nine / Soulfood
VÖ: 16.09.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Glücksbärchis

Als Polar Bear Club sich vor ein paar Jahren Halsweh über Kehlkopf in ihre Band stürzten, war das ein Wagnis. Denn mit dem Verstand gehört, passt bei ihnen auch auf ihrer neuen Platte nichts zusammen. Jimmy Stadt, mittlerweile so etwas wie hauptberuflich Sänger von Polar Bear Club, hätte sich schon damals besser als Testimonial für Husten-Lutschtabletten und Bronchitis-Medikamente beworben. Rhythmus-Gitarrist Chris Browne kann höchstens bis dreieinhalb zählen. Und Schlagzeuger Emmet Mike bearbeitet seine Trommeln vermutlich mit Kochlöffeln. Kurz gesagt: Polar Bear Club haben eigentlich den Beruf verfehlt. Anders gesagt: Wie gut, dass das so ist.

Denn damit stehen Polar Bear Club in ihrer Sparte weiterhin in guter Tradition. "Screams in caves" haben sie den zweiten Song auf ihrem Album benannt - und loten in ihm wie späte Hot Water Music und alte Small Brown Bike aus, wie hautverträglich es für eingängige Melodien ist, wenn sie von einer Bande Raubeine angeschoben werden. "I'll never leave New York", ein verhinderter Postcore-Roadmovie, ist ähnlich gestrickt. Der beherzte Gesang von Jimmy Stadt ist selbst studiobereinigt gerne mal einen Achtelton davor, windschief zu sein. Die Gitarren achteln Powerchords, wie die Küchenchefs von Imbissbuden zu Stoßzeiten Zwiebeln im Akkord in Würfel hacken. Und wenn Polar Bear Club dann Luft holen und den Chorus gemeinsam anstimmen, hat man sie immer vor dem geistigen Auge: die Jungs in der Bar, die nach zu viel Weizenbier und viel mehr Jägermeister die komplette Bibliothek an deutschen Schlagersongs plündern. Alles, wirklich alles - bloß keine ausgekochten Profis, Superstars und Fußballprominente, die sich von ihren hochbezahlten Beratern ihre Karriere im Voraus verplanen lassen.

Es ist weiterhin die Stärke von Polar Bear Club, dass sie so nahe an den Großteil ihrer Hörer rücken. Auch unter jenen kann niemand Gitarre spielen wie Mark Knopfler - oder Textzeilen an den Mann bringen wie Johnny Cash. Polar Bear Club reichen einerseits ihr Gespür für hemdsärmelige Punkrocksongs, die immer ein bisschen viel zu gut sind, um an ihnen vorbeizuhören. Und andererseits die Nestwärme ihrer Arrangements. Je mehr man versucht, diese Band auf ihr bloßes Handwerk zu reduzieren, desto mehr kriegen sie einen mit ihren Melodien, die zu clever sind, um von Tagelöhnern eingespielt zu sein. "3-4 Tango" heißt der auf Rausschmeißer runtergekühlte Abschlusstrack auf "Clash battle guilt pruide" - und statt Dreivierteltango klopft Schlagzeuger Emmet Mike seinen Viervierteltakt stur bis zum Ende durch. Derweil möchte man Sänger Jimmy Stadt noch immer zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt schicken. Aber erst nach der Zugabe, für die man mitskandiert, klar. Denn mit dem Herzen statt dem Verstand gehört, sind Polar Bear Club nach wie vor ein Glücksfall, der glücklich macht.

(Sven Cadario)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Screams in caves
  • I'll never leave New York
  • 3-4 Tango

Tracklist

  1. Pawner
  2. Killin' it
  3. Screams in caves
  4. Kneel on nails
  5. My best days
  6. Life between the lines
  7. I'll never leave New York
  8. Bottled wind
  9. Slow roam
  10. Religion on the radio
  11. 3-4 Tango
Gesamtspielzeit: 45:10 min

Im Forum kommentieren

Eurodance Commando

2011-09-13 20:43:11

Kann man hier hören :

http://music.aol.com/new-releases-full-cds#/14

Daharka

2011-09-09 20:43:54

Mit der ersten werd ich einfach nicht warm, die zweite gefällt mir um einiges besser und die aktuelle hör ich im Moment sehr gerne...

bebbo

2011-09-09 20:26:59

wie seht ihr die neue platte? mir gefällt sie deutlich besser als die letzte. ist um einiges schmissiger und gradliniger geworden, als alles was sie bisher gemacht haben. die ecken und kanten sind etwas raus. trotzdem oder gerade deshalb klasse?

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