Son Lux - We are rising

Anticon / Indigo
VÖ: 19.08.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Stille Post

Ryan Lott reiht sich in eine tränenreiche Tradition der Früherziehung ein. Mit sechs Jahren muss er aus Gründen der Familientradition artig Klavier lernen. Aber noch vor dem Einsetzen der Pubertät hat er im Geiste mit der Nummer als Konzertpianist abgeschlossen. Lott komponiert lieber, drückt die Tasten hinter dem Vorhang und studiert darum neben Piano auch Komposition. Zahlreiche Projekte mit Choreographen, Tanzgruppen und Kunststudenten folgen, doch trotzdem fehlt ihm ein Ventil. Es ist noch Luft da, und die entscheidet sich vor drei Jahren für den Weg nach oben. "At war with walls & mazes", sein Debüt als Son Lux, bohrt mit feinen Versatzstücken, zerdrückten Samples und klassischen Instrumenten angestrengt in den Verstand. Nun steht "We are rising" an und entlässt die Geister aus den Löchern, die Lott mit seinem letzten Werk hinterlassen hat.

Dieses Album pulsiert in der Stille. Jeder Track ist mühsam auf das Nichts montiert. Lott gibt "Leave the riches" anfangs nur einen Beat und einen Chor, die aber trotzdem innerhalb von knapp fünf Minuten langsam miteinander verwachsen. Darunter liegt aber stets diese Leere, die es zu überbrücken und zu überwinden gilt. "Flowers" drückt sich schwer in die Mitte der Platte, obwohl es der kürzeste Track ist, und Lott zieht Töne wie Perlen auf eine Kette. Und in den sichersten Momenten von "We are rising" tut sich für einen kurzen Moment das Schwarze Loch auf: "Chase" endet mit müder Theatralik, unter "Claws" klafft der Abgrund, und nur die träge Melodie des Pianos bietet da Halt, wo Beat und Synthie diese Schönheit mit hässlicher Wucht verraten würden. Denn Lott verknüpft keine Genres. Er greift sich die wenigen Augenblicke, die in Klassik, Electronica und TripHop beieinanderliegen und poliert sie auf, bis sie auch das kleinste Licht reflektieren.

Etwa bei "Rising", wo Peter Silberman von den Antlers und DM Stith als Gäste die Kammer langsam aufbrechen. Trotzdem bieten sich Lott keine Wege zur Erlösung. "Rebuild" hofft noch einmal, pflegt Bläser ein und schmiegt sich mit ganzer Kraft an die greifbare Welt. Der Beat hyperventiliert, und die Sirenen streuen sich über den Rhythmus. Es gibt nur eine Möglichkeit, auch wenn es vielleicht nicht die beste ist: Am Ende kann auch "We are rising" sich nur dem Ticken der Uhren unterwerfen und einen nach einer guten halben Stunde wieder in eine Stille schicken, die Lotts Ideen überdauern wird. Und so widerspricht er ihr nicht, sondern komponiert klaglos um sie herum. Die Sommerabende siechen im Abendrot der Vergangenheit dahin, die Winternächte verschluckt die leichte Heiligkeit des Moments. Dort kreist "We are rising", und Lott fragt seine Hörer: "So, will you chase or let me go?" Egal, wie lange der Blick verweilt: Am Ende starrt das Licht immer zurück.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • All the right things
  • Flowers

Tracklist

  1. Flickers
  2. All the right things
  3. Rising
  4. Leave the riches
  5. Flowers
  6. Chase
  7. Claws
  8. Let go
  9. Rebuild
Gesamtspielzeit: 35:42 min

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