Yes - Fly from here

Frontiers / Soulfood
VÖ: 01.07.2011
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Abgeschmiert

Prog-Veteranen, ach was, -Legenden veröffentlichen nach über einem Jahrzehnt Pause im 43. Jahr ihres Bestehens wieder ein Studioalbum. Während sich der Nostalgiker ob dieser Nachricht diverse Körperteile abfreut, gießt der Realist plötzlich literweise Wasser in den Wein. Denn dass diverse Ex- und Immer-noch-Bandmitglieder seit ewigen Zeiten heillos zerstritten sind, ist weithin bekannt. Jüngste Opfer dieser Streitigkeiten sind Keyboarder Rick Wakeman, dessen Sohn Oliver als zeitweiliger Nachfolger sowie Frontmann und Galionsfigur Jon Anderson. Angeblich aus gesundheitlichen Gründen. Nun ja.

Ein solches Durcheinander wirkt sich normalerweise direkt aufs Songwriting aus. Doch das kühn zu Beginn platzierte, überlange "Fly from here" beginnt fulminant wie in alten Zeiten. Auch wenn die Gelegenheit, die Ouvertüre ebenso fulminant auszukomponieren, unfassbarerweise verschenkt wird. Nächster Moment der Erleichterung: Andersons Nachfolger, ein gewisser Benoit David, singt durchaus passabel. Einigen Experten dürfte das Ganze sogar bekannt vorkommen: Neu-Keyboarder Geoff Downes und Produzent Trevor Horn, auch bekannt als The Buggles, killten Anfang der Achtziger nicht nur Radiostars, sondern schrieben einen Songs namens "We can fly from here", der zwar nicht den Weg auf Platte, aber ins Liveset von Yes fand.

Die wirklich tollen Einzelstücke der Suite zu einem großartigen Ganzen zu verbinden, ist für die Yes des Jahres 2011 allerdings doch eine zu große Herausforderung. So bleiben brillante Einfälle wie der witzig pluckernde Teil 4 namens "A bumpy ride" mitunter im luftleeren Raum hängen. Dennoch überwiegt der positive Eindruck, was man vom Rest der Platte nicht behaupten kann. Den lächerlichen Pop-Rock von "The man you always wanted me to be" hätte vermutlich sogar Plattitüdenspezialist Alan Parsons besser hingekriegt. Und dass "Life on a film set" im Kern von The Buggles stammt, wäre gar nicht weiter schlimm - wenn denn auch nur ein bisschen Feinschliff an den Song gelegt worden wäre.

Wäre nicht das wunderschöne Instrumental "Solitaire", bei dem Gitarrist Steve Howe auf großartige Weise zeigt, wofür der Name Yes einmal stand - man müsste sich allein darum die Vinyl-Ausgabe kaufen, um die zweite Seite zerkratzen zu können. Vielleicht hätten sich die Herren statt mit ihren Zickereien in den letzten zehn Jahren auch einmal mit der Art Songwriting beschäftigen sollen, mit der Yes einmal ein ganzes Genre definiert haben. Und wenn Trevor Horn der Sinn nach einem neuen Buggles-Album steht, dann soll er es bitte auch unter diesem Namen produzieren. So drängt sich der Eindruck auf, dass Yes den Zeitpunkt für ein würdiges Abtreten um ein paar Jahre verpasst haben. Schade drum.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Fly from here
  • Solitaire

Tracklist

  1. Fly from here
  2. The man you always wanted me to be
  3. Life on a film set
  4. Hour of need
  5. Solitaire
  6. Into the storm
Gesamtspielzeit: 48:46 min

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