
Joss Stone - LP 1
Stone'd / SonyVÖ: 22.07.2011
Die Sechs-Tage-Woche
Jede PR ist gute PR. Das mag in vielen Fällen zutreffen. Joss Stone wird dem aber nur widerwillig zustimmen. Und das mehr als zu Recht. Gut einen Monat vor dem Release von "LP 1" wurden nämlich zwei Männer vor ihrem Haus festgenommen. Im Auto: Luftaufnahmen und Pläne des Hauses, Schwerter, Seil, Leichensack - vermutlich sollte die Soul-Sängerin entführt oder gar ermordert werden. Dass dann in den Nebensätzen der Gazetten von ihrem neuen Album die Rede ist, fällt vermutlich nicht einmal auf. Aber so pervers das ist: Derart im Fokus der Öffentlichkeit stand Stone schon länger nicht mehr. Ein Glück also, dass sie noch selbst bestätigen kann, dass es ihr gut geht.
"LP 1" ist Stones fünftes Album, trägt seinen Namen aber nicht von ungefähr, weil es einmal mehr einen Neuanfang darstellt. Nach dem zweijährigen, harten Kampf um den Vorgänger "Colour me free", den ihre Ex-Plattenfirma ursprünglich gar nicht veröffentlichen wollte, ist dieses Album das erste auf ihrem eigenen Label Stone'd Records. Sie hat es jetzt selbst in der Hand - mehr kann man sich eigentlich gar nicht wünschen. Einfach mal machen lassen - Stone wird schon wissen, was sie tut. Und so folgte sie Dave Stewarts Ruf nach Nashville, eine Band stand schon bereit, und in schlappen sechs Tagen war das Album im Kasten. So etwas funktioniert vermutlich aber auch nur, wenn man nicht mit diesem Anspruch in die Sessions geht.
Stewart und Nashville - das hinterlässt natürlich Spuren in Form von Countrygitarren oder auch Blues-Rock-Sprengseln. Und nicht zuletzt auch bei der Produktion. "LP 1" ist ein reifes Werk mit klaren Strukturen. Da werden sehr kontrolliert Backgroundgesänge eingeschoben, Streicher arrangiert, Soli finden ihren Platz, und "Cry myself to sleep" beschäftigt sich intensiv mit der Definition der Klimax. Das überrascht gerade angesichts der kurzen Aufnahmezeit. Das Rauhe, Ungeschliffene, lebt am Rande des Existenzminimums in der demohaften, gedämpften Reduziertheit von "Landlord". Dabei würde es gerade Stone potentiell mehr Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten bieten
Das als Nachteil auszulegen, ist möglicherweise überzogen und auch eine Ansicht, die sich vielleicht erst in ein paar Monaten als richtig oder falsch herausstellen wird. Wenn überhaupt. Zweifelsohne erleben wir eine immer professioneller wirkende Lady, die ihre Stimme beherrscht, wie nur wenige andere dazu in der Lage sind und waren. Wenn Stone beim funkigen Beat von "Karma" das kratzige Biest in ihrer Stimme weckt, ist klar, dass niemand die ohnehin überflüssige Melissa Etheridge braucht. Soul aber bleibt ihr Instrument zum Ausdruck von Verführung, Ablehnung, Dankbarkeit, Erfüllung, Ernüchterung und Aggression. Soul bleibt ihr emotionales Ventil. Und wir stehen direkt an der Öffnung. Damit das künftig so bleibt: eine Zeile, eine Bitte: "Take good care."
Highlights & Tracklist
Highlights
- Karma
- Last one to know
- Cry myself to sleep
- Boat yard
Tracklist
- Newborn
- Karma
- Don't start lying to me now
- Last one to know
- Drive all night
- Cry myself to sleep
- Somehow
- Landlord
- Boat yard
- Take good care
Referenzen
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Joss Stone - Water for your soul (10 Beiträge / Letzter am 25.07.2019 - 19:04 Uhr)
- Joss Stone - Colour me free (12 Beiträge / Letzter am 04.11.2009 - 15:10 Uhr)
- Joss Stone live (4 Beiträge / Letzter am 19.07.2009 - 14:39 Uhr)
- Joss Stone - Introducing Joss Stone (33 Beiträge / Letzter am 18.04.2007 - 22:40 Uhr)
- Joss Stone - Mind, body & soul (34 Beiträge / Letzter am 01.11.2005 - 15:24 Uhr)
- Joss Stone - The soul sessions (42 Beiträge / Letzter am 10.01.2005 - 20:39 Uhr)