Jedward - Planet Jedward

Universal
VÖ: 15.07.2011
Unsere Bewertung: 2/10
2/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Nur die Haare schön

Benehmen ist Glückssache. Auch beim Eurovision Song Contest. Das ist klar, seit ein Mitglied der dänischen Teilnehmer 2011 anlässlich einer großzügigen Punktevergabe spontan per F-Wort eindeutige Absichten in Richtung der niederländischen Juryvorsitzenden äußerte. Schockierend! Aber zum Glück gibt es noch Jedward. Die zwei Iren tun zwar stets furchtbar crazy und medienwirksam durchgeknallt, würden sich aber abseits ihrer großkarierten Hüpfburg-Show vermutlich eher die Zunge abbeißen, statt irgendetwas Unflätiges von sich zu geben. Egal, ob einer von ihnen nun wirklich mit Lena rumgemacht hat oder beide unlängst der Versuchung nicht widerstehen konnten, im Harry-Potter-Outfit durch London zu wetzen.

Auf Platte benehmen sich Jedward dafür allerdings gleich doppelt daneben, denn auch die für den europäischen Markt aktualisierte Neuauflage ihres ursprünglich komplett aus Fremdmaterial bestehenden Debüts erspart dem Hörer so gut wie nichts. Da stehen nicht nur den beiden die Haare zu Berge. Dass der launige, wenn auch mitunter überkandidelt gekiekste HiNRG-Pop von "Lipstick" beim Contest unter anderem gegen ukrainische Rauschgoldengel und aserbaidschanische Sülzwurstkaiser den Kürzeren zog, war eine gelinde Enttäuschung - "Planet Jedward" hingegen ist eine bodenlose Frechheit aus inflationärem Autotune-Fiepen, abgeschmackten House-Pianos, verzweifelt brummenden Synth-Bässen und ewiggleichen Singalongs, für die Harmonie oder gar Melodie Fremdwörter sind.

Natürlich reißen auch die Coverversionen in diesem grellbunten Panoptikum stimmlicher und musikalischer Unzulänglichkeiten rein gar nichts raus. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Jedward auf dem steinigen Newcomer-Weg in der britischen Talentshow "X Factor" durch sämtliche Aggregatzustände des Pop arbeiten mussten - doch es gehört schon eine Extraportion Chuzpe dazu, diese erschreckend originalgetreu niedergemähten Eins-zu-eins-Adaptionen auch seinen Albumkäufern zuzumuten. Die haben es schließlich schon schwer genug. Als wäre es nötig gewesen, den Bubblegum-Standard "All the small things" von Blink 182 zusätzlich zu bagatellisieren oder bei Vanilla Ice' Rohrkrepierer "Ice ice baby" die Entstellschraube noch etwas fester anzuziehen.

Immerhin: Zur tumben Sequenz von Kris Kross' "Jump" kann man prima rhythmisch mit Kopf vor die Wand rennen, und wenn beim schwachbrüstigen "Fight for your right to party"-Geschrubbe ausgerechnet die Textstelle mit den schmutzigen Heftchen weggepiepst wird, erzählt das im Grunde die ganze traurige Geschichte. "Bad behaviour" ist es für Jedward schon, kurzzeitig die Schlüssel zum Herz der Angebetenen verlegt zu haben - und nicht etwa, irgendetwas zu tun, das auch nur ansatzweise Spaß macht. Jeder, der dieses gelinde gesagt komplett missratene Album hört, wird das bestätigen. Der nächste Coup befindet sich übrigens schon in der Planung: eine Tokio-Hotel-Coverversion. Schrei, wenn Du kannst.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lipstick

Tracklist

  1. Lipstick
  2. Bad behaviour
  3. My Miss America
  4. Celebrity
  5. Pop rocket
  6. Under pressure (Ice ice baby)
  7. All the small things
  8. Fight for your right to party
  9. Jump
  10. Wow oh wow
  11. Distortion
Gesamtspielzeit: 36:28 min

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  • Jedward (5 Beiträge / Letzter am 21.07.2011 - 15:03 Uhr)