The Middle East - I want that you are always happy

Play It Again Sam / Rough Trade
VÖ: 03.06.2011
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Entrückten

Dieser Albumtitel ist eine dreiste Lüge. Man steckt erst ein paar Sekunden im gehauchten "Black death 1349" und hängt schon knietief in der Depression. Das Septett The Middle East kommt angeblich aus Townsville, gelegen an der sonnenverwöhnten Ostküste Australiens vor der traumhaften Insel Magnetic Island. Fans von Bob Dylan wollen sie sein, von Lambchop und Bill Callahan. Doch zeugt ihr Debüt eher von trostlosen, windigen Nächten, in denen man an die verschwundene Freundin oder an den vermissten Bruder denkt und seinen Kummer mit schwerem, brennendem Wein ertränkt.

Mit viel Hall und einsamen Trompeten blasen die Australier zum letzten Gang. Die ersten zehn Minuten dieses epischen Werks sind verstörend und zermürbend. Da klingt die Gitarre erbarmungslos verstimmt, und der schwache Männerchor verweht im Wind. Diese Musik hätte Herman Melville für die letzte Szene seines "Moby-Dick" gebrauchen können, nach dem großen Schiffbruch, am Ende aller Hoffnung. Doch plötzlich taucht eine Fuzz-Gitarre auf, eine freundliche Frauenstimme singt "Jesus came to my birthday party", und schon ist da wieder Licht und Hoffnung. Dieses Album hat das Zeug zur großen Freundschaft.

Man kann es als Folk umschreiben, was sich da auf "I want that you are always happy" so nachhaltig ins Zeitlose aufmacht. Manchmal taucht ein Schlagzeug auf, manchmal glaubt man ein Glockenspiel zu hören, und immer spürt man eine Wärme, eine Verbundenheit. Das schaurig-schöne "Very many" entwirft in knapp sechs Minuten eine ganze Landschaft, ein goldenes Szenario, das einem das Herz in Fetzen schneidet. So schön ist nur Fernweh. Dass der nachfolgende Song mit "Sydney to Newcastle" betitelt wurde, macht die Band endgültig zur Seemannskapelle. Diese Welten, die The Middle East hier ergründen, hat einst James Cook entdeckt.

Und so wächst aus diesem zunächst verstörenden, beängstigenden, unantastbaren Album ein monströses Werk der leisen Klänge. Ein schlafender Riese, der in der verträumten Slide-Gitarre von "Deep water" seine Erlösung findet und einen mit angespannter Ruhe ins große, schwarze Nichts entlässt. Solch freundliche Country-Schlager wie das schnelle "Hunger song" sind da längst vergessen, kratzt man sich doch an jedem dieser Songs erneut auf. Solch besondere Alben gibt es nur ganz selten. Wenn man es einmal in den Händen hält, lässt man es so schnell nicht wieder los. Seinen Titel versteht man am Ende dieser Reise dann auch viel besser.

(Christian Preußer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • As I go to see Janey
  • Very many
  • Deep water

Tracklist

  1. Black death 1349
  2. My grandma was Pearl Hall
  3. As I go to see Janey
  4. Jesus came to my birthday party
  5. Land of the bloody unknown
  6. Very many
  7. Sydney to Newcastle
  8. Mount Morgan
  9. Months
  10. Dab's silverleaf
  11. Hunger song
  12. Ninth Ave reverie
  13. Deep water
Gesamtspielzeit: 63:30 min

Im Forum kommentieren

Hubble

2011-08-08 19:38:03

Hm, The Middle East haben sich scheinbar endgültig aufgelöst. Sehr schade nach diesem tollen Album...

http://themusic.com.au/newsletter/the-middle-east-i-m-very-tired

Hubble

2011-07-16 19:23:58

Hm, Deep Water als Abschluss finde ich genial! Ist natürlich recht lang.

Dondolo

2011-07-16 15:36:51

Das "Problem" habe ich auch, zum Ende hin baut das Album anscheinend etwas ab, ohne aber wirklich schlecht zu werden.
Daß es dabei trotzdem insgesamt ganz groß bleibt, liegt daran, daß es vorher dermaßen stark ist. Sehr empfehlenswerte Platte.

Mr. Fritte

2011-07-15 22:54:37

Hab mir die CD auch schon vor ein paar Wochen zugelegt und finde sie auch sehr gut, gerade den wunderschönen traurigen Anfang. Nur die letzten beiden Songs gehen irgendwie immer an mir vorbei, aber vielleicht wird das noch. Die 8/10 geht auf jeden Fall in Ordnung.

Hubble

2011-07-14 23:25:42

Die Rezension hier trifft es meiner Meinung nach ziemlich gut. Man darf auf keinen Fall ein komplettes Album im Stile des Hunger Song erwarten, da gerade zu Beginn sehr langsame, düstere Stücke enthalten sind. Dennoch oder gerade deswegen eine tolle Platte!

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