Limp Bizkit - Gold cobra
Interscope / UniversalVÖ: 24.06.2011
Wohin mit dem Hass?
Limp Bizkit machen also mal wieder knapp eine Stunde auf dicke Hose. Das überrascht gewiss niemanden. Mit einem Sound, der schlicht aus der Zeit gefallen scheint, denn ihrem Crossover ist freilich nicht urplötzlich die neue Supergroup aus Maynard James Keenan, Trent Reznor und Chino Moreno entstiegen. Limp Bizkits Musik bedient auch auf "Gold cobra" noch immer die Discopumper und Komasäufer. Sie servieren den Hedonismus, bis es weh tut, polieren die Oberflächen absoluter Leere auf Hochglanz. Wieder einmal. Einige Male fragt man sich bei den wohlbekannten Raps von Fred Durst, wie sehr hinter dem Mond man eigentlich die letzten zehn Jahre in Florida gelebt haben kann. "Gold cobra" könnte genau so aus 1999 stammen. Aber was heißt es schon, nicht zeitgemäß zu sein, in einem neuen Jahrtausend, in dem der Ultra-Retrosound von Kapellen wie Franz Ferdinand oder den Strokes maßgeblich war und Highclass-Produktionen von Lady Gaga bis Diddy den Eurodance abfeiern?
Es dauert eine Weile, bis die schöne heile Welt, in der man Limp Bizkit abgrundtief hassen und diese Musik per se für das Nichts zwischen Kommerz und Volksverblödung halten kann, aus dem Tritt kommt. Die Schwächen zumindest offenbart "Gold cobra" just in den ersten Minuten: Wer Durst im Straucheln erleben möchte, schreibt bei den K-Fed-Raps von "Shark attack" mit. Auch die überaus holprige Bridge dürfte selbst den Hobbymusikern von 4lyn unangenehm sein. Also alles dahin mit der durchaus beachtenswerten Richtung, die "The unquestionable truth (Part I)" eingeschlagen hatte? Nein, denn "Gold cobra" ist, lässt man alle giftigen Antipathien einfach weg, nicht nur eine sehr effektive Platte, sondern gleichsam bei allem Anachronismus eine der druckvollsten, groovigsten und unverkrampftesten Veröffentlichungen seit langem. Vor allem scheint dies ein Verdienst der Rückkehrer Wes Borland und John Otto zu sein, die unter dem Pro-Tools-Lametta wieder die handwerklich sehr versierte Rockband hervorzerren.
Klar, man glaubt Durst noch immer, dass er all das hier nur für die Mumus macht, denen er in "American pie"-Manier notgeil hinterhersteigt. Das ist mitunter plump as fuck – nur zur Verständigung. Aber so wie man ab und an den Verdacht hegt, die BILD bezahle insgeheim Titanic-Redakteure, die Tag für Tag über ihrer neuen Ausgabe Tränen lachen, klingt auch der intellektuelle Bodensatz eines Fred Durst nicht selten mehr nach Satiregipfel als nach Trailerpark. Oder führen Limp Bizkit den Hörer auch hier in die Irre? Hat man zu viel Lady Gaga gehört und sieht jetzt auf einmal bei jedem Discobummstechno die Kunsthochschule im Hintergrund? Worüber lacht Durst in den letzten, jazzigen Sekunden des, nun ja, sagen wir mal dadaistisch getexteten "Douche bag"? Sich? Die eigenen Käufer? Den armen Schreiber, der sich dazu versteigt, das hier ironisch zu finden?
Die guten Momente überwiegen auf "Gold cobra" deutlich, und in dieser Hinsicht markiert das Album sicherlich eine der überraschendsten Veröffentlichungen des Jahres. Beispiele dafür gibt es einige: den blanken Hass beispielsweise, den Fred Durst im noisigen Refrain von "Get a life" den Hörern blutig vor die Füße kotzt. Oder "Shotgun", welches mit smoother Strophe und wuchtigem Refrain spielerisch die Tanzflächen füllt und auf Augenhöhe mit den Hits von damals ist. Stark gerät auch "Autotunage", welches das zwinkernde Auge wider den Zeitgeist unvermittelt blau schlägt. Es irritierte nicht selten, wenn Durst von seinen Helden sprach und Tool, Nirvana oder die Nine Inch Nails in die Nähe des eigenen Schaffens stellte. Aber tatsächlich gelingt es bei "Angels" gar, von den Übervätern der poppigen Schwermut The Cure abzuschreiben. Ohne Peinlichkeiten. Limp Bizkits "Gold cobra" kann man gut finden. Im Ernst. Aber nur, wenn man es nicht zu ernst nimmt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Get a life
- Shotgun
- Autotunage
- My own Cobain
- Angels
Tracklist
- Introbra
- Bring it back
- Gold cobra
- Shark attack
- Get a life
- Shotgun
- Douche bag
- Walking away
- Loser
- Autotunage
- 90.2.10
- Why try
- Killer in you
- Back porch
- My own Cobain
- Angels
- Middle finger
Referenzen
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