Buzzcocks - A different compilation
Cooking Vinyl / IndigoVÖ: 10.06.2011
Frisch ans Lebenswerk
Fun Punk - von jeher ein merkwürdiger Begriff, dessen Bestandteile sich kategorisch ausschließen, sieht man von "Nellie the elephant" einmal ab. Schließlich ging es schon bei den Stooges und später auch bei den Sex Pistols ausdrücklich um "No fun". Zwar waren Buzzcocks aus Manchester ab Mitte der Siebziger weitaus weniger verbissen unterwegs als ihre stachlig frisierten Kollegen, allzu viel Freude hatten aber auch sie in den Anfängen der Thatcher-Ära nicht. Statt Queen und Königreich hießen ihre Themen unerfüllte Liebe, spießiges Elternhaus und soziale Perspektivlosigkeit - ein bisschen herumhüpfen und die Gitarren übers Knie legen wird man als Jungmensch ohne große Prognose da ja wohl dürfen. Denn wen kümmert schon "No future", wenn man es hier und jetzt krachen lassen kann?
Während andere Gruppen sich stumpf The Vibrators nannten, war es von der Namensgebung nicht weit zur ersten Single. Folgerichtig titelte eine Zeitschrift "Tolle Summschwänze", als Buzzcocks einst mit "Orgasm addict" wie eine Splitterbombe mit Lachgas einen Sound zwischen lärmiger Frustbewältigung und liebenswertem Humor etablierten, von dem etliche Bands angefangen bei den Soup Dragons bis hin zu den Rakes zehrten. "A different compilation" verweist nun nicht nur auf die frühen Alben "Another music in a different kitchen" und "A different kind of tension", sondern auch darauf, dass das Quartett nach dem Vorbild von Gang Of Fours "Return the gift" seine unverzichtbarsten Songs kurzerhand neu eingespielt hat. Wenig überraschend? Halb so schlimm.
Vielleicht ist der größte Nutzen dieser Zusammenstellung sogar derjenige, der sie überflüssig macht: So manch alter Buzzcocks-Freund wird womöglich eher zu den Originalen als zu "A different compilation" greifen, wenn er sich mal wieder das Gehör von über 30 Jahre alten Hits durchfönen lassen und auf die Ausreißer aus der gesetzteren Neunziger-Phase der Band lieber verzichten möchte. Falsch macht man aber mit beiden Varianten nichts. "What do I get?" ist unverändert eine der infektiösesten Loser-Hymnen aller Zeiten, "Boredom" kuriert mit halsbrecherischem Tempo und Stop-and-go-Breaks den beschriebenen Gemütszustand auf der Stelle, und auch auf die frenetischen Leads des kehligen "Ever fallen in love (with someone you shouldn't've)?" können sich immer noch alle einigen.
Natürlich sickert hier und da die Aktualität durch - etwa im Singalong-Gossenhauer "Why she's the girl from the chainstore", zu dem heute unweigerlich die jugendliche Kassiererin vom Cover der ersten Arctic-Monkeys-Single vor dem geistigen Auge auftaucht. Oder bei "I don't know what to do with my life", das aus dem Mund eines Mittfünfzigers nicht einer gewissen Komik entbehrt, auch wenn die 2000er gezeigt haben, dass Buzzcocks nach wie vor für den einen oder anderen Kracher wie "Sick city sometimes" oder "Sound of a gun" gut sind. Doch am meisten Spaß macht es nun einmal, wenn sie die Power ihrer frühen Jahre wie hier zu einem vergleichweise sauber produzierten Bündel Punkrock verdichten. Johlend Dickhäuter durch die Manege treiben sollen auch 2011 bitte andere.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Boredom
- Autonomy
- Why she's the girl from the chainstore
- What do I get?
- Even fallen in love (with someone you shouldn't've)?
- Orgasm addict
Tracklist
- Boredom
- Fast cars
- I don't mind
- Autonomy
- Get on your own
- What ever happened to?
- When love turns around you
- Why she's the girl from the chainstore
- Why can't I touch it?
- Alive tonight
- I don't know what to do with my life
- You say you don't love me
- Turn of the screw
- Noise annoys
- Breakdown
- Promises
- Love you more
- What do I get?
- Harmony in my head
- Oh shit!
- Ever fallen in love (with someone you shouldn't've)?
- Orgasm addict
- I believe
- Love is lust
Referenzen
Spotify
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