The Pattern Theory - The Pattern Theory
Valeot / CargoVÖ: 13.05.2011
Die Himmelsbande
Ich packe meinen Koffer und nehme mit: drei Pfund Percussions, zwei Gitarren, fünfzehn Offbeats, ein paar ungerade und eine Menge gerader Takte, ein mathematisches Sprachtheorem als Wink mit dem Zaunpfahl, bloß keinen Sänger, ein Nachtsichtgerät, das niemand braucht, die Michael-Mann-Werkschau auf Blu-ray, DVD und VHS (man weiß ja nie), Luftaufnahmen von Hongkong bei Nacht, eine Reliefkarte von Peru, eine Thermoskanne mit Kopi Luwak sowie, natürlich, Steaks und Bier und Zigaretten. Zwischen Leeds und ihrer Neuheimat Berlin spielten The Pattern Theory dieses Spiel mutmaßlich so einige Male. Blöd nur, dass sie dabei ausgerechnet vergessen haben, ihren Bassisten einzupacken. Die Folgen für ihr Debütalbum sind jedoch überraschend gering.
Denn auch die Basslinien bilden hier eher einen sonoren Fluss. The Pattern Theory erarbeiten sie aus dem Synthesizer und steuern sie mit Pedalen an. Eben diese Schlichtheit ist jedoch bei derart auf Atmosphäre und schwelgerische Melodien ausgerichteter Musik eher eine weitere Tanzfigur als eine Leerstelle. Selbst die tiefen Frequenzen generieren hier keine Erdung oder gar Donnergrollen, lassen den Nachthimmel zwar erzittern, spüren jedoch kaum Schwerkraft. Vielmehr fügen sie sich ein in ein Genre, das nur sehr selten einen derartigen Gala-Auftritt hinlegt wie auf "The Pattern Theory" - nennen wir es: elegische Skyline-Musik.
Bei Stücken wie "Coracles", "Ideas of fun" oder "Framed fields" zieht sich ein spektraler Schwarm aus Gitarren-Delays, hüpfenden, warmen Drums sowie Vibraphon- und Glockenspiel-Melodien zu einem Jetstream zusammen, der das Lichtspiel schluckt und in konzentrischen Kreisen wieder aussendet. Die Flugbewegungen folgen dabei keiner Richtung, sind eher ein beruhigendes Nordlicht über dem Stadtkörper. Schwere erhält diese Musik lediglich durch die Ansicht von Nacht und Tiefe, die sich zwischen all den lebensverkündenden Lichtern darstellt: ein Negativbild, von dem sich die Musik abheben kann, um ihren Tanz zu vollführen.
Tristeza aus San Diego verstanden sich einst als ähnlich trittsichere Traumwandler auf den Dachfirsten des Postrock. Allerdings werfen The Pattern Theory desöfteren auch die Gitarren-Tappings an, weshalb die Schlagdistanz zu The Mercury Program ebenfalls merklich schrumpft. Oder sie entwerfen in "Names for places" und "Adaptive expectations" Marimba-Figuren, die auch den frühen Tortoise nur zu gerne aus dem Handgelenk geschlüpft wären. So führt "The Pattern Theory" dem Hörer vor, wie man Hummeln im Hintern und beseelte Melancholie gleichzeitig in einen Koffer packt. Zwischen Heim- und Fernweh: Kummer cum laude.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bell curves
- Framed fields
- Adaptive expectations
Tracklist
- Pyramid schemes
- Ideas of fun
- Coracles
- Bell curves
- Chevrons
- Framed fields
- Names for places
- Adaptive expectations
Referenzen