22 Pistepirkko - Lime green DeLorean
Bone Voyage / CargoVÖ: 27.05.2011
Überraschungs-Dreier
Männer mittleren Alters sind dafür berüchtigt, die Nerven ihrer Familien mit extravagantem Ersatzspielzeug zu strapazieren. Sie besorgen sich sündhaft teure Heimwerkerausstattungen (harmlos) und kopulationswillige Kindermädchen (weniger harmlos) oder ersteigern bei eBay heruntergekommene Geländewagen, die sie in hingebungsvoller Kleinarbeit aufmotzen. Vielleicht ist es da gar nicht so unpraktisch, wenn man(n) seinen Spieltrieb schon im Beruf komplett ausleben kann. Den Angehörigen von 22 Pistepirkko jedenfalls könnte dieser Theorie zufolge einiger Stress erspart bleiben - das finnische Trio siedelt seine Alben seit 30 Jahren ohnehin konsequent dort an, wo man es von einer Band erwarten darf, die sich nach einer Marienkäferart benannt hat: Irgendwo zwischen Abenteuerspielplatz und Versuchsbiotop, wo stilistische Kongruenz ungefähr so herbeigesehnt wird, wie die ersten grauen Haare.
Auch Opus Nr. 14 rückt nicht gerade, was sich ohnehin nur in der Schräge zuhause fühlt. Trotzdem: "Lime green Delorean" mag halbwegs kurios klingen, für Bandverhältnisse ist es konventionell - Überraschung, die zur Routine geworden ist. P-K Karänen bleibt stimmlich Kermits verschollener Zwilling. Die Elektro-Experimente werden wie schon seit "Drops & Kicks" weitgehend eingemottet, die Blues-Schlagseite aus Anfangstagen ausgepackt und abgestaubt. Die Tracklist fährt Genre-Slalom zwischen dem Bubblegum-Country von "Broken toys" im einen Extrem und sinisterem Velvet-Underground-Indie im anderen. Zwischen sphärischer Melancholie auf "Lights by the highway" und dem Pop-Appeal des in der Tat dumpfbackigen "Stupid" oder des hübschen Ohrwurms "Ufo girl" liegt kaum mehr als eine Kurve - die musikalische Version von dem, was herauskommt, wenn renitente Kindergartenkinder darauf insistieren, sich ihr Outfit selbst zusammenzustellen.
Die Texte zeigen wenig Ambition, diesen Eindruck zu bekämpfen. Die Käferkollegen von den Beatles schweben als fette Clowns durch "Dream 1987", 22 Pistepirkko selbst wird "So much snow" auf dem Weg zu einem Auftritt zum Verhängnis; elendig verenden sie in einer Schneewehe. "Not such a glorious end for this band", bedauert die Gruppe lakonisch und macht damit einiges von dem stupiden Blues-Gerumpel wieder gut, das der Song musikalisch bietet. Wunderbar grotesk wie eh und je. Nur haben es ruhige Stücke wie "Find me" innerhalb dieses "Ein Kessel Buntes"-Prinzips schwer, etwas von der Atmosphäre zu entfalten, die sie eigentlich in sich bergen. 22 Pistepirkko bleiben nun einmal Spielkinder - und bei denen ist die alte Ü-Eier-Devise weiterhin strengstes Gesetz: was Spannendes, was zum Spielen und ein bisschen Pop-Schokolade.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Ufo girl
- Lime green DeLorean
Tracklist
- Lights by the highway
- Dream 1987
- Ufo girl
- Stupid
- So much snow
- Sunny days
- Broken toys
- So happy today
- Sweet rodeo heart
- Find me
- Lime green DeLorean
Referenzen
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