Lady Gaga - Born this way

Interscope / Universal
VÖ: 23.05.2011
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Messlattenhochsprung

Wer kein positives Wort über Lady Gaga lesen kann oder will, klickt besser gleich weiter zur nächsten Rezension und flucht unterdessen, wie beknackt Plattentests.de wieder gewertet hat. Laut MTV ist "Born this way" das meist erwartete Album 2011. Warum? Nun, weil Lady Gaga das Web 2.0 für sich instrumentalisierte, wie es noch kein Künstler vor ihr tat. Nachdem sie weltweit in etwa so bekannt sein dürfte wie der Papst, ist Gaga vielleicht schon eher Institution als Person, und ihre Monster sind folgewillige Gläubiger. Die Ankündigung, "Born this way" werde das Album des Jahrzehnts, beruhte gleichermaßen auf Größenwahn, dem künstlerischen Anspruch, genau das zu leisten, strategischer Demonstration der Dominanz und werbeträchtiger Selbstdarstellung. Den Ernst in Gagas Aussage zweifelte indes kaum jemand an, und manch einer hoffte vielleicht sogar, das Versprochene tatsächlich vorzufinden.

Ein Jahrzehnt-Album ist es indes nicht; "Born this way" demonstriert aber auf allen Ebenen, warum sich die popkulturelle Musiklandschaft an Gaga misst und nicht umgekehrt. Ohne sie gäbe es Klone wie Natalia Kills nicht, und wären Katy Perry, Ke$ha oder auch die post-skandalöse Britney Spears kaum mehr als Randerscheinungen. Lady Gaga ist auch wegen ihrer exzentrischen Auftritte, modischen Wagnisse und Tabujonglagen Kunstsubjekt und -objekt. Aber sie ist nicht künstlich. Und wer sie auf Eurodance reduziert, der möchte das und hat weder einen ihrer zahlreichen Unplugged-Auftritte am Klavier gesehen, noch ihre Songs "Speechless" oder "Teeth" auf "The fame monster" gehört.

Um das klarzustellen: "Born this way" bedient sich natürlich bei Eurodance, ist aber genauso Electro-Rock und -clash, Dance-Pop und ein Fundus für Rekurrenzen an die 80er oder auch Abba. Alle Songs - immerhin 14 an der Zahl - fahren eindringliche Hooks auf, selbst "Judas" als "Bad romance"-Fortsetzung wächst mit mehrmaligem Hören. Auf der Seite der schwächeren Songs der Platte bleibt der Titel dennoch und gesellt sich damit zu dem überflüssigen Remix von "Born this way" oder auch der Gitarren- und Riffüberdrüssigkeit in "Yoü and I". Die Regel aber bilden Songs, die stets auf der Suche nach kleinen Wendungen im Konstrukt sind oder aufgesaugtes Referenzmaterial sukzessive streuen.

Der Tech-Electro-Song "Government hooker" zeigt Robbie Williams, was er aus dem Titel "Rudebox" hätte machen können: "Put your hands on me, John F. Kennedy". "Scheiße" bleibt diesem Sound treu und wirft überdies mit Phantasie-Deutsch um sich. "Hair" vertritt genau wie "Born this way" stellvertretend die Überthemen Gleichberechtigung und Toleranz. "Marry the night" entwirft ein Bild von Whitney Houston im Gaga-Sound, gleiches passiert mit Bruce Springsteen, dessen E-Street-Band-Kollege Clarence Clemons Saxophon-Soli für "Hair" und vor allen Dingen "The edge of glory" beisteuert. Gaga lässt darin durchschimmern, wie ihre Songs entstehen: Nicht am PC, sondern am Klavier. Mit Blick nach vorne ist das auch das richtige Signal an die eigene Person. Der nächste Schritt muss radikaler ausfallen, der Bombast stößt an seine Grenzen, Gaga wird einen puristischen Ansatz für sich entdecken und das zementieren, was sie zweifelsfrei ist: eine Institution der Gegenwartskultur.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Marry the night
  • Government hooker
  • Bloody Mary
  • Heavy metal lover
  • The edge of glory

Tracklist

  1. Marry the night
  2. Born this way
  3. Government hooker
  4. Judas
  5. Americano
  6. Hair
  7. Scheiße
  8. Bloody Mary
  9. Bad kids
  10. Highway unicorn (Road to love)
  11. Heavy metal lover
  12. Electric chapel
  13. Yoü and I
  14. The edge of glory
  15. Born this way (Jost & Naaf Remix)
Gesamtspielzeit: 67:07 min

Im Forum kommentieren

Ulrich Kowalski

2019-01-12 23:27:32

Play in Gelsenkirchen

2012-12-02 23:20:52

Na, da kuckste blöd, oder? Da kuckste jetzt mal wirklich blöd!

2012-12-02 23:13:59

Ach, das verstehst du nicht. Wenn du so wie ich schon die krassesten Drone-Bands durchhast, kannst du nur noch mit Lady Gaga weitermachen.

Check das hier

Wenn du sowas jahrelang gehört hast, kannst du irgendwann einfach nur noch mit Lady Gaga weitermachen. Verstehst du das? Voll normal ey!

(.)(.)

2012-12-02 23:09:01

So wie das neue Scooter-Album?

2012-12-02 23:03:38

Da scheiß ich drauf, aber das Album ist wirklich recht geil. Macht manchmal einfach Spaß, das zu hören, ohne die ganze nerdige Gitarrenkacke oder ohnehin belanglose Indie-Attitüde.

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