Depeche Mode - Remixes 2: 81-11
Mute / EMIVÖ: 03.06.2011
A question of time
Depeche Mode haben einiges wiedergutzumachen. Zum einen wäre da das unterinspirierte "Sounds of the universe", bei dem sie vor lauter Freude über antikes Spielgerät das Songschreiben vernachlässigten. Und zum anderen ist da ja noch die Erinnerung an das verkorkste Remixalbum "Remixes 81···04". Das hielt zwar im Groben, was sein Name versprach, reihte aber leider im Feinen diverse antike, mittelalte und aktuelle Abmischungen ohne erkennbaren Zusammenhang aneinander und präsentierte dabei freudig manch Mittelmaß. Einer in Sachen Remix eigentlich innovativen Band, die ihre Songs mit wachsender Begeisterung von angesagten Zeitgeist-Elektronikern behandeln ließ und lässt, war das unsortierte Ergebnis kaum würdig.
"Remixes 2: 81-11" macht seine Sache deutlich besser: Zum Dreißigsten schenken sich die Basildoner eine ganze Wagenladung frischer Sounds. Der aus der Urzeit der Clubkultur stammende Extended Mix findet praktisch nur beim "Death mix" des großartigen "Fly on the windscreen" statt. Schon François Kevorkians "Dub in my eyes"-Mix drehte die Vorlage genüsslich auf links und drängte die markanten Mantras von "World in my eyes" mit repetitiven Beats und robotischen Echos an den Rand. Orbitals Bearbeitung von "Happiest girl" und der "Anandamidic mix" von "Walking in my shoes" ließen noch weniger übrig und zeigten, dass Depeche Mode 1990 nicht nur Techno und House vorwegnahmen, sondern 1993 auch schon TripHop ahnten. Die sechs hier vertretenen Abmischungen aus den Neunzigern wirkten damals bisweilen fremd, haben sich im Vergleich zum modernen Remix-Verständnis aber erstaunlich gut gehalten.
Zumal Depeche Mode neben ihrem Pop-Dasein immer eine zweite, untergründigere Seite hatten. Die kam bei den Devotees schon besonders gut an, bevor sich diese überhaupt Devotees nannten. Dass auch zwei populäre Non-Album-Tracks unter den Originalen sind, ist das eine Zeichen dafür. Dass sie die drei ältesten Lieder, "Puppets" und "Tora! Tora! Tora" vom '81er-Debüt "Speak & spell" sowie das ein Jahr jüngere "Leave in silence" von "A broken frame", nicht in verstaubten Verlängerungen präsentieren, sondern clever modernisieren ließen, ist das zweite. Und dass sie die ehemaligen (und oft vermissten) Mitstreiter Vince Clarke und Alan Wilder allen Missstimmungen zum Trost ebenfalls an die Soundspuren ließen, die der letztendliche Beweis. So wird aus "Behind the wheel" ein hypnotisches Grummeln, und "In chains" bekommt dank Wilders Gespür jene funkelnde Dunkelheit, ist der "Sounds of the universe"-Version gerade noch fehlte.
Depeche Mode haben außerdem aus den Fehlern des Vorgängers gelernt und für "Remixes 2: 81-11" ihre eingeschlummert wirkende Verbindung zur Moderne geweckt. Dies füllt diesmal mehr als einen der drei Tonträger. Zwar sind Knöpfchendrücker wie Alex Metric, Eric Prydz und Digitalism nicht für nennenswerte Subtilität bekannt, aber "Personal Jesus" und "Never let me down again" erweisen sich einmal mehr als unkaputtbar. Intensiver sind jedoch die frischen Varianten aus der zweiten Reihe, insbesondere dann, wenn die Songs in neuer Form aufleben, ohne ihre Identität zu verleugnen. Das gelingt vor allem dem synkopierten "A question of time", dem schon 2006 von M83 verglitzerten "Suffer well" oder dem gehauchten "Peace" im Remix von SixToes, das sogar kammermusikalische Qualitäten entfaltet. Auch das von Efdemin abstrahierte "Corrupt", das von Le Weekend discofizierte "Ghost" und das von Trentemøller auf Elektro-Trab gebrachte "Wrong" stehen deutlich auf der Haben-Seite. "Personal Jesus" piepst im 2011er "Sie Medway-Smith remix" am gelungensten, während "Strangelove" in einem 1998er-Remix von Mark Saunders und Tim Simenon dagegenhält und dem Zahn der Zeit trotzt. Es waren eben meist Könner wie UNKLEs James Lavelle, Killers- und Madonna-Produzent Stuart Price oder Dan The Automator am Mischpult, und die kennen die goldene Regel: Wenn sich die Melodie entfalten kann, gerät das vehemente Flackern drumherum zur Nebensache. Denn der Kern dieser Band ist und bleibt die Hymne. Gerne auch im Remix.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Suffer well (M83 remix)
- Peace (SixToes remix)
- Wrong (Trentemøller club remix)
- Ghost (Le Weekend remix)
- Leave in silence (Claro Intelecto 'The last time' remix)
- A question of time (Joebot presents 'Radio face' remix)
- Personal Jesus (Sie Medway-Smith remix)
Tracklist
- CD 1
- Dream on (Bushwacka tough guy mix)
- Suffer well (M83 remix)
- John the revelator (UNKLE reconstruction)
- In chains (Tigerskin's no sleep remix)
- Peace (SixToes remix)
- Lilian (Chab vocal remix edit)
- Never let me down again (Digitalism remix)
- Corrupt (Efdemin remix)
- Everything counts (Oliver Huntemann and Stephan Bodzin dub)
- Happiest girl (The pulsating Orbital vocal mix)
- Walking in my shoes (Anandamidic mix)
- Personal Jesus (The stargate mix)
- Slowblow (Darren Price mix)
- CD 2
- Wrong (Trentemøller club remix)
- World in my ryes (Dub in my eyes)
- Fragile tension (Peter Bjorn and John remix)
- Strangelove (Tim Simenon/Mark Saunders remix)
- A pain that I'm used to (Jacques Lu Cont remix)
- The darkest star (Monolake remix)
- I feel you (Helmet at the helm mix)
- Higher love (Adrenaline mix edit)
- Fly on the windscreen (Death mix)
- Barrel of a gun (United mix)
- Only when I lose myself (Dan The Automator mix)
- Ghost (Le Weekend remix)
- CD 3
- Personal Jesus (Alex Metric remix edit)
- Never let me down again (Eric Prydz remix)
- Behind the wheel (Vince Clarke remix)
- Leave in silence (Claro Intelecto 'The last time' remix)
- In chains (Alan Wilder remix)
- When the body speaks (Karlsson And Winnberg remix)
- Puppets (Röyksopp remix)
- Tora! Tora! Tora! (Karlsson And Winnberg (from Miike Snow) remix)
- Freestate (Clark remix)
- I want it all (Roland M. Dill remix)
- A question of time (Joebot presents 'Radio face' remix)
- Personal Jesus (Sie Medway-Smith remix)
Referenzen
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