
Arms And Sleepers - The organ hearts
Expect Candy / CargoVÖ: 13.05.2011
Kein Beinbruch
Wer wie Arms And Sleepers' Max Lewis aussieht wie Allergie-Profi, Teilzeit-Wedgietarian und Mamis Liebling Milhouse van Houten, der muss schon einiges aufbieten, um dem ersten Eindruck etwas entgegenzusetzen. Da sprießt der Backenbart aus den Schwarz-Weiß-Fotos, kommen die Klamotten direkt aus dem Stylo-Mailorder - und wird eben auch musiziert, bis die Sojamilch aus den Nasenflügeln spritzt. Denn das Duo aus Boston versteht sich als buchbare Musiker ebenso wie als selbstständige Künstler. So kommt dann in gerade einmal fünf Jahren ein wahrlich exorbitanter Output zustande, den Lewis und Partner Mirza Ramic 2011 mit einer ganzen Serie an Veröffentlichungen krönen wollen. Zu Buche steht bisher eine EP mit schlanken 30 Minuten Spieldauer und nun ihr drittes reguläres Album "The organ hearts".
Auf diesem findet sich erneut überbordender musikalischer Elan, jedoch auch eine schleichende Unterhöhlung von Konsistenz. Die Stärken von Arms And Sleepers zeigen sich gleich im Opener "Kepesh", in dem Ambient derart passgenau mit seicht schlurfendem Rhythmus und schillernder Melancholie verflochten wird, dass The Album Leaf zu äußerst kleinen Brüdern im Geiste zusammenschrumpfen. Gleich darauf aber verlassen sich die Knisterbeats und Keyboard-Flächen von "Tusk" und "I sing the body electric" doch zu sehr auf die stimmliche Kraft ihres langjährigen, von Uzi & Ari bekannten Gast- und Toursängers. Der singt gewohnt ätherisch und erhebend, schafft es aber nicht, die Songs vorm - freilich angenehmen - Dahindämmern zu retten.
Zum Mittelteil werden die Beats schließlich zum Hüpfen gebracht, die instrumentalen HipHop-Reflexionen von Four Tet sind hier nicht allzu fern. Und mit "Reprise" gibt es ein echtes Ausrufezeichen, wenn Standbass, Mellotron, Klavierloops und Percussions von einem James-Bond-Thema überformt werden, das den Song auf einem einzigen, schaukelnden Fluss nach Hause schickt. Das letzte Drittel führt sich dann zunächst in den Barjazz ein, um zu "Kiss tomorrow goodbye" und beim abschließenden "Airport blues" erneut großes Kino zwischen TripHop, Ambient und leichtem Souleinschlag zu produzieren. Hier stimmt wieder alles - Arms And Sleepers zeigen sich mit genau der Portion Ruhe, Kraft und Ausgebufftheit, die ihnen aktuell so schnell niemand nachmacht.
Insgesamt wirkt "The organ hearts" jedoch etwas fahrig, was bei einer derart auf Geschlossenheit ausgelegten Musik schnell einen Beinbruch bedeuten kann. Und da Lewis und Ramic all das vielleicht selbst etwas komisch vorkommt, schicken sie noch die Erklärung nach, dass "The organ hearts" als dreigliedrige Stimmungsabfolge verstanden werden kann. Alles im Plan also, jedoch kommt eben dieser - vermittelt durch die Musik, wie auch sonst? - nicht immer beim Hörer an. Dennoch gilt nach wie vor: Nicht nur Mom findet Arms And Sleepers unheimlich cool. Womit immerhin ein weiteres Unterscheidungsmerkmal gefunden wäre.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Kepesh
- Reprise
- Kiss tomorrow goodbye
Tracklist
- Kepesh
- Tusk
- I sing the body electric
- The afternoon child
- A smile in Sofia
- Antwerp
- Serie Noire
- Reprise
- Yesterday's child
- Kiss tomorrow goodbye
- Atelier
- Airport blues
Referenzen
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