Sir Simon - Goodnight, dear mind...
Strange Ways / IndigoVÖ: 06.05.2011
Gute Wacht
Durch Fahrradspeichen klackernde Spielkarten in den Straßen einer Kleinstadt, irgendwo in Iowa. Grillenzirpen über den sonnenverbrannten, weiten Feldern von Uhlenbusch - Onkel Heini winkt lakonisch zu uns herüber. Orangefarbene Kondensstreifen im wolkenlosen Abendrot. Oder auch nur drei einfache Worte: sechs Wochen Sommerferien. Simon Frontzek aus Berlin besitzt eine Stimme, die sich in ihrer gelassenen Güte aus all jenen Fantasiegebilden zusammensetzt, die schon immer für ein ganz spezielles Realitätsbild einstanden. Zugleich ist sie eine mütterliche, behütende. Sie scheint dem Hörer stets zu versichern, dass alles gut werden wird und schon immer gut gewesen ist. Selbst wenn sie eigentlich gerade etwas ganz anderes erzählt.
Wer hier jetzt eher an Ben Gibbard und Death Cab For Cutie gedacht hat, befindet sich in bester Gesellschaft. Denn auch Frontzek gibt unumwunden zu: "You say that I always remind you of someone else when I sing." Und auch sonst spielt "Goodnight, dear mind..." die Folk-Pop-Melancholie groß aus, weidet die Harmonien und Melodien dabei jedoch noch konzentrierter und passgenauer aus. Das Ergebnis ist ein Album, das einem einzigen wohligen Seufzer gleicht.
Jedes neu hinzutretende Instrument, jede überformende Melodie, jedes Texteinsprengsel findet hier mit schlafwandlerischer Sicherheit seinen Platz. So etwa die Trompeten, die zunächst durch "1993" wimmern, um später die klickernden Banjosaiten von "Make them sing" zu einem großen Ohrwurm zu verknoten. Die countryesken Slidegitarren von "Comfort noise" und "Something to write home about". Oder die halbresonierenden von "Right place wrong time", die dessen unwiderstehlich voranzuckelndem Midtempo und Melodiegerüst nichts zuleide tun wollen und lieber als atmosphärisches Gadget durch den Rhythmus branden - bis sie von Glockenspielen überspült werden, die auch die Schlaflied-Melodie von "Goodbye" bettgehfertig schaukeln. All das steht den jeweiligen Songs wahrlich wie angegossen und bringt Farbe ins folkpoppend bezupfte Einszweidrei.
So findet sich auf "Goodnight, dear mind..." Musik wie ein selbstvergessenes Armschlenkern. Und Frontzek gibt den guten Geist, der durch seine Songs wie durch das Haus der Waltons schwebt und jedem einen verdienten Gute-Nacht-Kuss aufdrückt. "There's still a light behind that tiny window / A place where we could put our heads to sleep / There's a big bright ball reflecting every object / You'd like to keep / That I'd like to keep", singt das wunderschöne "Birthday, Christmas, New Year" eines dieser erleichternden Fantasiegebilde heraus. Jede Note, jedes Wort, jedes Flüstern gewährt eine innere Ruhe und Einkehr, die nicht hoch genug geschätzt werden kann. Und selbst über den Schlaf derjenigen, die meinen, ohne das klarzukommen, wacht Frontzek klaglos. So sind sie, die Tröster dieser Welt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Goodnight, dear mind...
- Birthday, Christmas, New Year
- Right place wrong time
- Make them sing
Tracklist
- Congratulations
- Goodnight, dear mind...
- 1993
- Comfort noise
- Birthday, Christmas, New Year
- Right place wrong time
- Make them sing
- Something to write home about
- Exit sign
- Goodbye
Im Forum kommentieren
Wolf
2011-07-24 22:28:41
Das beste Weakerthans Album seit Left and Leaving. Was nicht böse gemeint ist, sondern als Kompliment. Ich liebe LaL. Und die Stimme ist nunmal so unähnlich nicht. Schade das ich das Konzert verpaßt habe. Hoffe, es findet sich bald eine Gelegenheit das nachzuholen. Top Ten dieses Jahr.
...
2011-05-11 09:52:11
ist recht, mochte den früher auch.
Paul
2011-05-10 22:29:56
@... Ich mag viele Sachen aus dem Grand Hotel van Cleef und finde das Label an sich auch sehr sympathisch. Aber ich kann mit Beady Eye nix anfangen. Dann doch lieber mit Sir Simon schwelgen...
Der Kommentar um 13.58 Uhr dagegen könnte tatsächlich von Thees Uhlmann sein. Zumindest ist er gut recherchiert.
S. Frontzek
2011-05-10 19:50:50
Uhl, Sie mobben mich schon wieder!
M. Wiebusch
2011-05-10 15:54:15
Klabbe, du Kasba!
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