Moon Duo - Mazes
Souterrain Transmissions / Rough TradeVÖ: 01.04.2011
Der gute Ton
"Aber zum Mond fliegen!" Eine Mischung aus Stoßseufzer und hämischem Kommentar, die sich empfiehlt, wenn das Versagen technischer Errungenschaften einmal mehr klarstellt, dass der Mensch seiner Fehlbarkeit maximal bedingt entfliehen kann. Ripley Johnson weiß um diese Imperfektion und gab mit seiner psychedelischen Space-Rock-Band Wooden Shjips von Anfang an die Direktive "very primitive, improvisational psych rock" aus. Das gleiche gilt für ihn und Mitmusikerin Sanae Yamada bei Moon Duo. Her also mit möglichst variationslos durchlaufenden Rhythmusmaschinen, sirrenden Dampforgeln und kübelweise Fuzzgitarren-Soße, bevor noch irgendjemand mit anspruchsvollem High-End-Gefrickel rechnen kann.
Dass die beiden sich trotzdem nach dem Erdtrabanten benannt haben, kommt nicht von ungefähr. So oder ähnlich wie auf "Mazes" muss es irgendwann einmal da oben gebrodelt und geblubbert haben, bis schließlich eine aufgeworfene Kraterlandschaft zurückblieb. Ein Begriff wie Shoegaze scheidet angesichts der geräuschvoll vor sich hinstaubenden Songs allerdings weitestgehend aus: Gut möglich, dass Johnson und Yamada vor lauter psychoaktiven Ausdünstungen im Studio nicht einmal die Hand vor Augen sehen konnten - geschweige denn ihre Treter. Und es verdient Respekt, wie Moon Duo glücklich umnachtet und mit meist verhalltem Genuschel statt Gesang durch den krautigen Irrgarten ihres zweiten Albums rauschen.
Immerhin haben sie nicht allzu viel Gepäck dabei. Mit dem geeigneten Reverb-Effekt reicht Johnson größtenteils seine Gitarre aus, um jede Menge Gewusel und Gedröhne zu fabrizieren, einen Bassisten ersetzt Yamada an den Tasten, und die Beatbox eiert ohnehin selbsttätig nebenher. Limitiertheit ist hier kein Problem, sondern eine Tugend - manchmal hat man sogar den Eindruck, den beiden würde zur Not auch ein einziger Ton genügen, wenn er gut ist. So gesehen fast eine Frechheit, wenn in der Mitte eines Songs auf einmal schrill ein Riff zerplatzt und ihn kunstvoll zersägt. Abwechslung mag das halbe Leben sein - zumindest bei Moon Duo ist aber die andere Hälfte die bessere.
Während sich jedoch die mitunter offensichtlichen Vorbilder von The Velvet Underground einst bei der Aufnahme zu "Sister Ray" mit ätzenden Lärmschocks schlecht gelaunt gegenseitig niedermähten, geht es auf "Mazes" oft nachgerade harmonisch zu. Der Titelsong entführt in einen substanzhaltigen, aber gutgelaunten Wachtraum mit federndem Gitarrenlauf und Stereolab-Gedächtnisharmonie, "Fallout" gerät zum Drone-Slacker, und die zauberhafte Keyboardmelodie von "When you cut" hat noch bessere Argumente als das vor sich hin stänkernde Saitenwerk. Selbst die Handclaps applaudieren - zu Recht. Und kann jetzt mal bitte jemand das Fenster zumachen? Da kommt ja frische Luft rein.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Mazes
- Fallout
- When you cut
Tracklist
- Seer
- Mazes
- Scars
- Fallout
- When you cut
- Run around
- In the sun
- Goners
Referenzen
Spotify
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