Howe Gelb & A Band Of Gypsies - Alegrías
Fire / CargoVÖ: 25.03.2011
Baila me
Dass Howe Gelb ein ruheloser Geist ist, wurde noch häufiger festgestellt, als er Platten veröffentlicht hat. Dass diese Platten zunehmend wohlige Ruhe vermitteln, muss mit dem Alter zu tun haben. Denn endlich ist Gelb so alt, wie er immer schon aussah. Was sollte es für ihn also Besseres geben, als das zu tun, was er immer schon gemacht hat: das nächste Album zu veröffentlichen, bei dem er die längst bekannte Howe-Gelb-Musik zwischen Country, Blues, Jazz, allerlei Lärm und noch mehr Folk jeglicher Spielart verschleicht und zerfährt?
Dieses Mal lässt er Giant Sand Giant Sand sein und legt sich eine Band zu, die nur ganz zufällig beinahe so heißt wie ein Projekt von Jimi Hendrix. Denn nicht Gitarrenverbrenner Hendrix, sondern zwei ganz anderen Saitenvirtuosen wird auf "Alegrías" gehuldigt: Zum einen Raimondo Amador, einem hierzulande trotz seiner Arbeit mit B.B. King und Björk nahezu unbekanntem Flamenco-Tocaor. Und zum anderen Howe Gelb selbst, der auch ein paar alte Songs von Giant Sand und seinen Soloplatten der andalusischen Sonne aussetzte.
Natürlich verwehrt Gelb schnödem iberischem Kitsch den Zutritt. Wenn sich hier die Gitanos mit perkussiven Akustikgitarren und geschmeidigen Grooves an Gelbscher Heiserkeit vorbeiwiegen, sind die Klänge so rustikal wie das wehende Gestrüpp. Auffällig ist, wie wenig sich durch Amadors Anwesenheit an Gelbs prinzipieller Kauzigkeit ändert. Und doch ist da eine wohlige Leichtigkeit. Die Dissonanzen klingen leichtfüßiger, und die gemächlichen Rhythmen haben in der spanischen Sonne einen unaufgeregten Swing abbekommen. Gelb genießt dies mit seinem unnachahmlichen Sprechgesang zwischen Crooning und Knödeln. Der Flamenco ist hier vor allem Textur, was aber nicht daran liegt, dass Gelb sich nicht auf die Musik einlassen kann. Im Gegenteil: Er trug die spanische Musik in sich, seit ihn einst Rainer Ptacek angefixt hatte. Amador hingegen färbt sein Saitenhandwerk gerne mit Jazz und Blues aus Übersee. Da schließ sich ein Kreis, auch wenn dieser für "Alegrías" formschöne Dellen trägt.
So zeigt das famos gealterte "Uneven light of day" den treulosen Gesellen von Calexico mal eben, dass die Wüste lebt. So toll klang der Song nicht mal auf "Ramp". Zwei Songs von Gelbs "The listener" haben sogar den Staub in Arizona gelassen: "Blood orange" macht einer lasziv hauchenden Dame den Hof, und die "Cowboy boots" tanzen zu stolzen Gitarren über das Kopfsteinpflaster. Das noch relativ frische "The hangin' judge" flirtet mit einem Akkordeon, während es durch die Tonarten holpert. Die Gitanos kommentieren dies mit zustimmenden Rufen und aufmunterndem Klatschen. Die Distanz zwischen Córdoba, Andalusien und Tucson, Arizona sieht man nur auf Google Maps. Der Staub in der Fresse ist der gleiche.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Uneven light of day
- The ballad of Lole y Manuel
- Notoriety
- Blood orange
Tracklist
- 4 door maverick
- Uneven light of day
- The ballad of Lole y Manuel
- Cowboy boots on cobble stone
- Notoriety
- Blood orange
- Lost like a boat full of rice
- Broken bird & the ghost river
- (There were) Always horses coming
- The hangin' judge
- Saint conformity
- Where the wind turns the skin to leather
- One diner town
Referenzen