31Knots - Trump harm

Polyvinyl / Cargo
VÖ: 06.05.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Unergründlich

Nach Joe Haeges letztem Streich mit den hervorragenden Tu Fawning, seinem Engagement als Dauertourgast bei Menomena sowie der Arbeit an seinem Solo-Alias Vin Blanc war es wohl an der Zeit: Damit niemand erst auf den Gedanken kommt, vom Ende der 31Knots zu fabulieren, schiebt sich das Trio mit seinem siebten Album "Trump harm" ins neue Jahrzehnt. Derart flott sollte das gehen, dass die Songs zwar gemeinsam arrangiert, aber unabhängig voneinander aufgenommen wurden. Ob sich diese Produktionsweise tatsächlich in dem äußerst disparaten Klang von "Trump harm" übertragen hat, ist gar nicht so einfach zu klären. Denn bei 31Knots klingt eben ohnehin alles, wie es eben klingt, aufgrund des bestenfalls übernächsten, unergründbaren Grundes.

Auch "Trump harm" strebt nicht zurück zum mathematischen Rabatz, voraus zum Popsong, zur Avantgarde oder überhaupt irgendwohin. Na klar, das Riff von "Onanist's vacation" hätten 31Knots zu ihrer Frühzeit mit aufgedrehten Verstärkern zum Erdkern geschickt. Heuer humpelt, klackert und zischelt der Sound, mummelt der Bass mit vollen Backen durch den Hintergrund, klingt das Schlagzeug, als sei Jan Hammers Drum-Machine mit dem Studio-Mixer verdrahtet worden. Eine "fette" Produktion wollen 31Knots erneut ebenso wenig wie eine möglichst raffinierte. Jedes Instrument muss wenigstens angeknackst sein und somit seiner eigentlichen Bestimmung entkommen.

Bewegung ist hier das Ziel, sicherlich. "Candles on open water" etwa geht viel weiter, als Modest Mouse überhaupt zu denken wagen - zerstört seine inhärente Hymnik durch immer neue Einbrüche, spart sich noch die kleinste Andeutung von kathartischer Erlösung, singt seine Choräle statt in einen schwelgerischen Hallraum in einen leeren Öltank hinein. Nicht nur hier deuten 31Knots ihren Bewegungsdrang derart tief in ihre Musik hinein aus, dass die Luft zwischen Egomanie und kompositorischer Dichte recht dünn, genau dadurch aber auch äußert produktiv wird.

Während das Gitarrenspiel von "Middle ages", "Love in the mean of heat" und "A lot can tell" noch ihre frühe Verwandtschaft mit mathrockenden Wegbegleitern wie Faraquet andeutet, spielt "Dark control" Queen auf dem Midi-Piano nach und setzt das abschließende "One tongue room (Come to my senses)" sein stoisches, scharfzügiges Riff in einem letzten noisigen Kraftakt aus. Dies aber auch nur, so darf vermutet werden, damit noch einmal klar wird, dass 31Knots auch dem guten alten Krach nach wie vor seine Berechtigung zugestehen - allerdings nicht als Selbstzweck, sondern um dem gesamten großen Batzen von "Trump harm" final die Flausen auszutreiben. Schließlich soll hinterher niemand behaupten können, er habe verstanden, was, wie und warum sich diese Band fortbewegt.

Versuchen kann man es indes trotzdem: Nutzten 31Knots mit ihrem verflixten Album-Dreigespann seit "Talk like blood" Gospel, Soul und R'n'B, um sich die lauten Gitarren auszutreiben, so nutzen sie auf "Trump harm" allerlei Sound- und Effekt-Modulationen, um eben diese wieder in die Knie zu zwingen. Am auffälligsten wird das bei "Egg on my face", wo das Studio zum Arrangement-Ersatz wird, mit dem 31Knots durch den Song schlagen, Riff und Rhythmus zittern, kratzen und vibrieren lassen. Nach wie vor sind sie eine Band, die nichts und niemanden einfach mal so stehen lässt. Nicht sich selbst, nicht ihre Songs und schon gar nicht den Eindruck, den man von beidem gewinnen könnte. Weshalb ihre musikalischen Zwischenwelten dabei dennoch derart verrückt, klar und überaus gehaltvoll klingen, bleibt auch auf "Trump harm" ein echtes Rätsel.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Onanist's vacation
  • Egg on my face
  • Love in the mean of heat
  • One tongue room (Come to my senses)

Tracklist

  1. Onanist's vacation
  2. Candles on open water
  3. Middle ages
  4. Egg on my face
  5. A lot can tell
  6. Love in the mean of heat
  7. Stand up
  8. Dark control
  9. Get gone
Gesamtspielzeit: 45:54 min

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