Timber Timbre - Creep on creepin' on

Full Time Hobby / Rough Trade
VÖ: 08.04.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Kein Platz an der Sonne

Tut Ench Amun, was Nofre täte? Zum Beispiel ein Kreuz mit zwei Querbalken auf die eigene Pyramide pflanzen? Vermutlich nicht. Taylor Kirk ist empfänglicher für ikonische Bilder, mit denen er dann die Cover seiner Platten zu illustrieren pflegt. Große Symbolik für eine kleine Band, die inzwischen etwas Zuwachs bekommen hat, da nun auch Mika Posen und Simon Trottier fester Bestandteil von Timber Timbre sind. Der Intimität, die bereits der düstere Indie-Folk des exquisiten Vorgängers ausstrahlte, kann die personelle Aufstockung jedoch nichts anhaben. Auch die Songs von "Creep on creepin' on" sind gut gehütete Geheimnisse voll trauernder Melancholie und gekippter Selbstironie - wie ein Witz, den man sich nur im Dunkeln erzählt.

Dass die Pointe oft nicht die gewünschte ist, gehört bei den dunklen Reflexionen und Beschwörungen dazu. Eifersüchtig durchwühlt der Protagonist im Opener "Bad ritual" die Habseligkeiten seiner besseren Hälfte und sucht nach Überresten einer früheren Beziehung, bis nur noch Pillen helfen. Danach wird der zwar unterschwellig bedrohliche, aber zumindest kontinuierliche Fluss, der noch "Timber Timbre" auszeichnete, immer wieder mutwillig aufgebrochen. Von klaustrophobischen Instrumental-Zwischenspielen wie "Obelisk" oder "Swamp magic", in denen grelle Streicher panisch anschwellen und verhallte Schockeffekte aus der Gitarre ins Bodenlose stürzen. Beängstigende Skizzen, aus denen es keinen Ausweg gibt. Immerhin: "I find empathy in madness."

Überhaupt hört man hier mehr als einmal Scott Walkers ominöses Werk "The drift" nicht nur trapsen, sondern mit klobigen Stiefeln aufmarschieren. Da kann Kirk bei "Black water" zu kuscheligem Orgel-Flokati noch so sehnsuchtsvoll "All I need is some sunshine" flehen - es sind allenfalls kurzlebige Lichtblitze, die dieses Album erhellen. Das ansatzweise launige, spröde Saxophon des doppelbödigen "Woman" kippt in einen manischen Stakkato-Walzer mit integriertem Swamp-Blues und Herzensbrecher-Gecroone um, der Titelsong torpediert Geigengeschluchze mit einem Loop nach Art von David-Lynch-Scores und verhöhnt einen "dickless cousin". Und der stampfende Rocker "Too old to die young" tanzt immer wieder Ringelreihen mit den Toten.

Da ist es beinahe beruhigend, dass "Creep on creepin' on" trotz allem vornehmlich auf traditionellen Blues- und Folk-Elementen sowie einem omnipräsenten Piano basiert, wenn man sich das abgründige Störfeuer einmal wegdenkt. Wahrscheinlich steckt in Kirk sogar ein hoffnungsloser Romantiker - bei all der Unbill kommt er halt nur selten dazu, einer zu sein. Immerhin ringen Timber Timbre ihrer Musik immer wieder tröstliche Wendungen und lichte Momente ab. Da schadet es nichts, dass ein paar Songs mit ihrer immerwiederkehrenden Shuffle-Grundierung etwas vorhersehbar wirken - schließlich braucht jeder etwas, woran er sich festhalten kann. Und sei es nur der seidene Faden, an dem manchmal die geistige Gesundheit hängt.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bad ritual
  • Woman
  • Too old to die young

Tracklist

  1. Bad ritual
  2. Obelisk
  3. Creep on creepin' on
  4. Black water
  5. Swamp magic
  6. Woman
  7. Too old to die young
  8. Lonesome hunter
  9. Do I have power
  10. Souvenirs
Gesamtspielzeit: 39:33 min

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