Elf Power - The winter is coming
Sugar Free / Shifty Disco / EFAVÖ: 18.01.2002
Kalte Platte
Das beschauliche Städtchen Athens hat schon einigen Einfluß auf das gehabt, was man gemeinhin Popkultur nennt. Mit den schrägen New-Wave-Vögeln B-52s und den folkrockenden Megastars R.E.M. war das Provinznest aus Georgia schon so manches Mal in den Charts der Welt zu finden. Doch abseits der großen Namen tut sich seit Mitte der Neunziger ebenfalls etwas. Zusammen mit gleichgesinnten LoFi-Melodikern wie Apples In Stereo, Olivia Tremor Control oder Neutral Milk Hotel sorgten auch Elf Power dafür, daß Lokalmatador Michael Stipe das lokale Label Elephant 6 in den höchsten Tönen lobte.
Auch anderen blieben die Qualitäten der Truppe nicht verborgen. So produzierte Dave half den beiden Köpfen Andrew Rieger und Laura Carter dabei, mit ihren Mitstreitern Bryan Poole (Baß) und Aaron Wegelin (Schlagzeug) eine ordentliche Prise Indiesalz in die Popsuppe rieseln zu lassen. Auf "The winter is coming" ist Fridmann zwar nur für das Mastering zuständig, aber seine Handschrift schimmert immer wieder durch, auch wenn sich Elf Power bemühen, besonders quer zu denken. Das Prinzip ist diesmal folgendes: Pop ja, aber nur verdammt gut versteckt.
Im Mittelpunkt steht so neben der quäkenden Stimme Riegers ein mitunter krudes Sammelsurium von näselnden Bläsern, wimmernden Gitarren und holpernden Drums. Das sorgt in gelungeneren Momenten wie dem am Ragtime naschenden Titelstück oder dem sorglos trötenden "The naughty villian" für angenehm geradeaus gehende Schunkler. Auch wenn das verschwurbelte "Wings of light" nach Weihrauch und Patschuli riecht, "Skeleton" süßlich durch die Gegend knarzt oder zwanzig Trommler auf einmal das zeppelinesk herumfolkende "Embrace the crimson tide" antreiben, wissen die auf ihrem vierten Album um Geiger Adrian Finch verstärkten Südstaatler zu überzeugen.
Die Versuche, angemessen schräg zu werkeln, sind aber leider oft ebenso wunderlich wie Riegers kauzige Texte über Skelette, die ihre Wunden lecken, Menschen, die in U-Bahn-Schächten leben und die Freuden des Gefressenwerdens. In den neun Studiomonaten wurde keine noch so abseitige Verästelung ausgelassen, bis sich letztlich der eigentliche Sinn des Experiments im letzten Loch verkroch. So nervt in "The sun is forever" eine eklige Heimorgel, während auch das Poltern der Drums und das sture Gitarrengeschrammel dem monotonen Singsang in "Leopard's teeth" keine positiven Seiten abgewinnen können. Beim ausufernden "The albatross" wird zehn lange Minuten im falsch verstandenen Geist der Melvins bis zur Zerfaserung gelärmt. Am Ende des Songs schließlich stellt ein mit "merkwürdig" nur unzureichend beschriebenes Gebrabbel den Antrag auf eine Zwangsjacke. So sei es.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Skeleton
- The winter is coming
Tracklist
- Embrace the crimson tide
- Skeleton
- The great society
- The winter is coming
- Wings of light
- The sun is forever
- People underneath
- Green sea days
- The naughty villain
- Leopard's teeth
- Birds in the backyard
- 100,000 telescopes
- The albatross
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