David Lowery - The palace guards

Blue Rose / Soulfood
VÖ: 25.02.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Alter Verwalter

Es soll sie immer noch geben: Männer, die meinen, sie müssten bis zum 30. Lebensjahr einen Baum gepflanzt, ein Haus gebaut und ein Kind gezeugt haben. David Lowery gehört nicht dazu - er hatte genug anderes zu tun. Hauptsächlich singen und Gitarre spielen. Zunächst bei den legendären Indie-Rockern Camper Van Beethoven, dann bei deren Nachfolgern Cracker, von seiner Studiotätigkeit für Counting Crows, Sparklehorse oder Magnolia Electric Co. ganz zu schweigen. Wahrscheinlich hatte er in all den Jahren nicht einmal Zeit, mit den Skinheads bowlen zu gehen. Mittlerweile ist der Mann 50 und hat es immerhin geschafft, erneut zu heiraten, eine Universitätsprofessur zu ergattern und seine erste Platte unter eigenem Namen aufzunehmen.

Mit dem Begriff Soloalbum sollte man allerdings vorsichtig sein. Denn natürlich hat Lowery über die Jahrzehnte genügend Mitstreiter um sich versammelt, so dass er nicht komplett allein dasteht. Johnny Hickman und Sal Maida von Cracker, Camper Van Beethovens Teilzeitgitarrist David Immerglück, der inzwischen verstorbene Sparklehorse-Macher Mark Linkous - sie alle sind dabei, wenn ihr alter Freund auf "The palace guards" amerikanische Befindlichkeiten verwaltet, die vor allem seine eigenen sind. Und so rekapituliert Lowery schmunzelnd Dummheiten aus jungen Jahren, lässt gescheiterte Romanzen vorbeirauschen und erinnert sich auf dem rührseligen Liebeskummerlied "Ah, you left me", einer Coverversion der belgischen Alternative-Rocker Mint, auch an einen seiner persönlichen Lieblingssongs.

Dass "The palace guards" wie im flockigen Opener "Raise 'em up on honey" oft Americana, Slide-Gitarren und singende Pedal Steels favorisiert, ist dabei weniger dem Alter als vielmehr Lowerys musikalischer Sozialisation geschuldet - zumal er auch ungemütlich werden kann, wenn er will. Etwa im breitbeinigen "Baby, all these girls meant nothing to me", das mit Schreigesang und aufgebrachten Riffs erbost die Rückkehr der Liebsten einfordert. Denn das Leben lehrt: Ruhig einmal etwas lauter brüllen, wenn es um die Wurst geht. Schließlich sagt man später von sich selbst ungern Dinge wie: "I was dreaming of a girl that I once knew / I think she loved me true, but I think I couldn't see that then." Der emotionale Kassensturz "Big life" tut zwar genau das - doch dass alles perfekt gelaufen ist, hat auch niemand behauptet.

Dennoch stellt "The palace guards" stets selbstironische Gelassenheit und gütigen Spott über Verbitterung und galligen Protest. Und wie sein alter Weggefährte Eugene Chadbourne einst anlässlich des bevorstehenden Mauerfalls "Come on Mr. Krenz, put down that fence / Honecker was old, but you should be bold" sang, gibt Lowery im nahöstlichen Reisetagebuch "I sold the Arabs the moon" den schlitzohrigen Wanderer zwischen verfeindeten Machtblöcken, die tunlichst aufhören sollten, jeden Unsinn für bare Münze zu nehmen. Zugegeben: Ausrichten wird er mit feinsinnigen Gleichnissen wie diesen vermutlich wenig, und das mit dem Hausbauen kann er ebenso getrost vergessen. Denn angesichts eines solchen Albums sollte es in der Tat nicht weniger als ein Palast sein.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Raise 'em up on honey
  • Ah, you left me
  • Baby, all those girls meant nothing to me

Tracklist

  1. Raise 'em up on honey
  2. The palace guards
  3. Deep oblivion
  4. Ah, you left me
  5. Baby, all those girls meant nothing to me
  6. I sold the Arabs the moon
  7. Marigold
  8. Big life
  9. Submarine
Gesamtspielzeit: 39:26 min

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