Baby Dee - Regifted light

Drag City / Rough Trade
VÖ: 25.03.2011
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der Quassel-Strip

Chaos regiert. Und reagiert dann eben doch manchmal zur Not. Wie es passieren konnte, dass sich Andrew W.K. und Baby Dee treffen konnten, weiß aber wohl nicht einmal das Chaos mehr so genau. Zumindest hatte es jenes Klavier, das nun auf der achten Platte von Baby Dee zu hören ist, in ein New Yorker Appartment verschlagen. Dort griff die Dame dann einmal in die Tasten und beeindruckte Andrew W.K. zutiefst. Später machte ein Umzug es unmöglich, das gute Stück in der neuen Bleibe des Brachial-Rockers unterzubekommen. Also mal eben ein wenig Porto auf die Tasten geklebt, und ab ging die Post ins Heim von Baby Dee. Und die räumt dem Instrument gleich den passenden Platz ein. Nicht nur dass die Harfe in die Abstellkammer kam, Dee hält sich auf "Regifted light" auch vornehm mit ihrer Stimme zurück. Fast instrumental, aber eben auch nur fast. Jegliche Lyrics werden auf die Unterhose ausgezogen, um nackt und karg an den wenigen Stellen zu stehen, die sie einnehmen dürfen.

Der schmachtende Hunger vom "Pie song" grummelt munter zwischen düsterem Schlingen und nervösem Knabbern. Baby Dee jagt die wenigen Zeilen durch leichte Polka-Rhythmen, um diese gleich wieder wie Erbsen und Möhren zu verschmähen. Das ist kindisch, blödsinnig, ein abartiger Spaß, aber auch die Ausnahme. Denn "Regifted light" gibt sich locker und leicht, aber nie vorwitzig. Ein Titel wie "Yapapipi" kann eben nur bei Baby Dee ernsthafte Gefühle erzeugen. Dazu greift sie herzlichst in die Tasten, lässt Melodien fließen und findet immer die passende Dynamik, um dieser Mischung aus Musical und Kammerspiel doch noch mehr Feuer als dem Discount-Teelicht abzuringen. Die wenigen anderen Akzente, die Glockenspiel oder Drums setzen dürfen, sind behutsam über die halbe Stunde Musik gestreut, die "Regifted light" mit seidenem Faden spinnt. Ein paar Streicher haben sich dann auch noch ab und an ins Hintertreffen verirrt. Die bittere Story von "Brother slug und sister snail" läuft eben auch nur mit ein paar jaulenden Kummerkästen.

Doch "Regifted light" ist nicht nur die feine Zärtlichkeit, sondern ist auch so zerstreut wie ein Stickeralbum in der vierten Klasse. Der Zusammenhang der Tracks will nicht wirklich greifen. So lange Baby Dee dabei aber immer noch mit kleinen Musterstücken wie der "Lullaby parade" aufwarten kann, ist die Sache auch so gebongt. "On the day I die" steckt den Kopf nie in den Sarg, sondern trumpft mit der gesamten Theatralik auf, die sich in ein paar Töne quetschen lässt. Baby Dee harmoniert mit ihrem Piano, mit den übrigen Musikern, mit ihrer Stimme und der Luft im Studio. "Regifted light" ist wie ein perfekter Arthouse-Film. Irgendwie gut, aber in manchen Momenten auch einfach scheißelangweilig eben durch seine Streben nach Vollkommenheit. Erst wenn Baby Dee jenes Monster gibt, das "The pie song" zerlegt, schmiert die ganze Nummer endlich eine Etage tiefer ihre Emotionen. Diese Schrägheit fehlt "Regifted light" leider zu oft. Baby Dee kennt dagegen aber leider auch nur dieses eine Rezept. Abwarten und Kuchen essen.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Yapapipi
  • On the day I die
  • The pie song

Tracklist

  1. Cowboys with cowboy hat hair
  2. Yapapipi
  3. Regifted light
  4. Coughing up cat hair
  5. Deep peaceful
  6. Brother slug and sister snail
  7. Lullaby parade
  8. On the day I die
  9. Horn pipe
  10. The pie song
  11. Cowboy street
  12. The move
Gesamtspielzeit: 33:33 min

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