Trans-Siberian Orchestra - Night castle
BMG / TonpoolVÖ: 18.02.2011
Theater, Theater
Mitunter muss man halt doch nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. 1995 lassen sich Savatage von ihrer Plattenfirma dazu überreden, das scheinbar eher unbedeutende Instrumental "Christmas Eve (Sarajevo 12/24)" vom Konzeptalbum "Dead winter dead" als Single zu veröffentlichen. Die Single startet durch wie nur was, doch da ja ein harter Ruf zu verteidigen ist, wird die Platte unter dem Namen Trans-Siberian Orchestra etwas umarrangiert und neu auf den Markt geworfen. Ein paar Platten, diverse Off-Broadway-Auftritte und pompöse Touren des Orchesters später ist Savatage nur noch eine Randnotiz in den Metal-Lexika, während der damalige Kopf Jon Oliva und vor allem Produzent Paul O'Neill das Geld in LKW-Ladungen vor die Tür gekippt bekommen - Trans-Siberian Orchestra sind schließlich weiterhin sehr erfolgreich.
Neben dem Gespür für Lukratives teilen O'Neill und Oliva allerdings auch eine gewisse Vorliebe für die große Bühne; bereits Savatage loteten häufig die Grenze zwischen Bombast und Kitsch aus. Insofern überrascht es wahrlich nicht, dass reguläre - will sagen nicht-weihnachtliche - Alben des Trans-Siberian Orchestra den Begriff Rock-Oper wörtlich nehmen. Und da zu einer Oper ein gescheites Libretto gehört, wartet das Doppel-CD-Digipak von "Night castle" mal eben mit einem 68-seitigen Booklet auf. Liner Notes? Liner-Roman wohl eher.
Gut, dass sich die zahlreichen Damen und Herren - auf Tour gehen in den USA glatt zwei Besetzungen - auch auf Platte reichlich Zeit für ihren angerockten Bombast nehmen. Dominieren erwartungsgemäß dramatische Powerballaden, für die Jim Steinman quasi töten würde, so schleichen sich immer wieder Kracher wie "Another way you can die" ein, die dann auch ostentativ mit Savatage-Zitaten garniert sind. Über die Versatzstücke bekannter klassischer Werke darf allerdings gestritten werden, wird doch hier überraschenderweise auf ein komplettes Orchester verzichtet. Mit Sounds aus der Konserve, die leider exakt so klingen. Tiefpunkt hier: der Bonustrack "Carmina Burana", der zwar erschauern lässt, nur eben nicht wohlig.
Nun treffen permanent ausgebreitete Arme in dieser Form zwar offenbar eher den amerikanischen als den europäischen Geschmack, doch von kleineren Längen insbesondere auf der zweiten CD einmal abgesehen, ist "Night castle" bei aller Mäkelei eine durchaus gelungene Symbiose aus Bühnenbombast und wuchtigem Rock, aus Soundtrack und progressivem Gefrickel. Während Projekte wie Ayreon oder Avantasia den metallischen Anteil forcieren, gelingt es Paul O'Neill, dass sich der Hörer jederzeit die ganz große Bühne vorstellen mag. Für den schwergewichtigen Jon Oliva sicherlich auch bequemer als enge, verschwitzte Clubs. Vorhang auf!
Highlights & Tracklist
Highlights
- Night castle
- Another way you can die
- Toccata - carpimus noctem
- Moonlight and madness
Tracklist
- CD 1
- Night enchanted
- Childhood dreams
- Sparks
- The mountain
- Night castle
- The safest way into tomorrow
- Mozart and memories
- Another way you can die
- Toccata - carpimus noctem
- The lion's roar
- Dreams we conceive
- Mother and son
- There was a life
- CD 2
- Moonlight and madness
- Time floats on
- Epiphany
- Bach lullaby
- Father, son & holy ghost
- Remnants of a lullaby
- The safest way into tomorrow (reprise)
- Embers
- Child of the night
- Believe
- Nutrocker
- Carmina burana
- Tracers
- Requiem (Live 2010)
- Toccata - carpimus noctem (Live 2010)