Long Distance Calling - Long Distance Calling

Superball / SPV
VÖ: 18.02.2011
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Stets bemüht

Long Distance Calling aus Münster waren in Deutschland in ihrem Segment bis hierhin nahezu konkurrenzlos. Bereits mit der ersten Veröffentlichung "Satellite bay" vor drei Jahren gelang ihnen erschreckend mühelos eine der besten Postrockplatten deutscher Herkunft. Technische Versiertheit stellte dieses Debüt allein in den Dienst der emotionalen Verausgabung und kappte dabei die metallischen Wurzeln der Mitglieder nahezu ohne Anstrengung. Sehr wohlwollende Besprechungen – unter anderem hier – waren dafür ebenso verdient wie die wiederholte Möglichkeit, für Envy und damit für eine der besten Livebands des Planeten eröffnen zu dürfen. Das zweite Album "Avoid the light"hatte dementsprechend große Erwartungen zu schultern und ging damit noch relativ souverän um, aber der Überraschungseffekt war durch die etwas verkrampfte Bemütheit freilich kaum zu reproduzieren. In diesem Sinne gibt das nunmehr dritte Album eine Antwort auf die Frage, ob Long Distance Calling weiterhin als deutsches Maß der Dinge gehandelt werden können. Schon im Titel erheben sie ihren eigenen Namen zum Programm und suggerieren insgeheim, dass in diesem Album nun endgültig die Essenz ihres Schaffens erkennbar sei. Oder eben schnöde Einfallslosigkeit.

Leider geben sich Long Distance Calling auf ihrem gleichnamigen Album längst nicht mehr so stilsicher wie zuvor und setzen den Rotstift allzu oft an den falschen Stellen an. Womöglich ist das auch den jüngeren Touren der Münsteraner mit Bands wie Anathema oder Opeth anzulasten. Die "Wiederentdeckung des Riffs", wie es da in der Bandbiographie heißt, gebiert zumindest weniger eine zeitgemäße Liason metallischer Schwere und postrockiger Empfindsamkeit, wie sie Isis oder jüngst die deutschen Radare einzugehen wussten, sondern eher eine Platte mit welkem Progmetal-Charme. Es ist allein die beeindruckende Produktion, die daran erinnert, dass "Long Distance Calling" aus dem Jahre 2011 stammt.

Profitierten Long Distance Calling schon zuvor eher von ihrem Gespür für Spannung und Dramaturgie als von ihrer Heavyness, markiert dieses Album einen tückischen Schritt in Richtung Einseitigkeit. Das Pathos und die existenzielle Überfrachtung, die den Hörer im besten Falle naturgewaltengleich überrollen, tauschen sie dabei meist gegen nölige Kitschigkeit. Absolut unverständlich bleibt die melodische Einfallslosigkeit der beiden Gitarristen. "Invisible giants" markiert dabei wohl den Tiefpunkt abgedroschener Rock- und Metalautomatismen. Die musikalische Geschichte und emotionale Tiefe, die die großen Erzählungen der Vorgängeralben noch bildgewaltig auszuschmücken wussten, scheinen Vergangenheit zu sein. Da möchte man "Arecibo" fast dafür loben, dass der Song gar keinen Hehl mehr daraus macht, dass er einfach nur straight rocken will.

Einige Details sind es, die "Long Distance Calling" davor bewahren, vollends die sanfte Klugheit früherer Tage zu begraben: Das ungemein vitale Schlagzeugspiel und die Porcupine-Tree-Anleihen im Opener "Into the black wide open" oder auch die morbide Atmosphäre von "Timebends" samt funkigem Basslauf verbinden alte Stärken mit innovativen Neuerungen. Vielleicht belebt die Konkurrenz in Zukunft das Geschäft.

(Nicklas Baschek)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Into the black wide open
  • Timebends

Tracklist

  1. Into the black wide open
  2. The figrin d'an boogie
  3. Invisible giants
  4. Timebends
  5. Arecibo (Long Distance Calling)
  6. Middleville
  7. Beyond the void
Gesamtspielzeit: 56:05 min

Im Forum kommentieren

witty

2011-06-10 11:28:57

finde auch das middleville ein guter song ist, aber wo klingt da patton durch? das hätte dann mit sicherheit noch ein weitaus spektakuläreres ... äääh ... spektakel gegeben!
aber davon werden ldc (trotz m.e. guter platte und auch live show) wohl nur träumen können.

Staley

2011-06-10 09:59:54

Subjektive Ablehnung der Band...
02.03.2011 - 15:43 Uhr
Tiefpunkt des Albums wäre für mich Middleville.
------------------------------
Für mich ist Middleville der überraschende Höhepunkt. Klingt wie eine Mischung aus Amplifier, Alice In Chains und Faith No More (bzw. Patton). Grandioser Song!

Cecil Terwilliger

2011-04-06 13:36:54

@...

naja, mal ein paar Beispiele, wenn du dich da so auskennst, dann fallen dir bestimmt 2 oder 3 Bands ein...

...

2011-04-06 13:26:11

möchtest du jetzt wirklich eine liste an postrock bands, die es besser drauf haben als ldc ?

Ceci Terwilliger

2011-04-06 12:54:24

@...

"wer sich ein wenig in der materie umsieht entdeckt auf anhieb weitaus spannendere sachen..."


Na wat'n zum Beispiel?

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