Chapeau Claque - Hab & Hut

Una / Tonpool
VÖ: 18.02.2011
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das Schwere-Los

Zwischen Gabel, Zahnbürste und Blüten hängt nahe Maria Antonia Paula Schmidts Schläfe ein kleines Tonband, das den Alltag konserviert - heraus kommen die Songs auf "Hab & Hut". Es liegt nahe, dem Cover von Chapeau Claques drittem Album diese Symbolik zu attestieren, denn auf dem wunderbaren Zweitling "Fabelweiss" fanden sich massenhaft in kunstvolle Sprache verpackte Bilder. Mit "Hab & Hut" visualisiert das Quintett weniger Fabelwelten als zuvor und fokussiert sich deutlich geradliniger auf das Hier und Jetzt.

"Das" etwa erzählt, wie sich eine einst glückliche Beziehung ins Gegenteil verkehren kann, "Womit" beschreibt die Unsicherheit des Verliebtseins, und "Schlosshund" tritt einer Reihe von Missgeschicken entschieden mit Ironie entgegen. Neben wenigen fragwürdigen Ausuferungen der Marke "Ping Pong in Hongkong" wohnt dieser Unmittelbarkeit nichts Verwerfliches inne, "Das" gelingt gar ein feiner Spaziergang durch den bedeutungsschwangeren Farbkasten. Hier und da bröckelt der Fabel-Glanz jedoch, und die einstige Schwerelosigkeit landet mehrmals unsanft auf dem Boden der Tatsachen. Auch die theatralische Umsetzung von "Schlosshund" ist weit weniger kunstvoll, als es zunächst den Anschein hat, dem stimmungsvollen "Schöner Moment" und den prosaischen Überresten in "Silhouette" aber wohnt immer noch unbestreitbarer Charme inne: "Die Räder rollen / Im Staub zerbricht / Der Kummer und die Bitternis".

Immer wieder jedoch nehmen Chapeau Claque Ausreißer wie den Mia.-Geist "Platte an" in Kauf. Der Song dümpelt platt durch seine drei Minuten und weiß nur einmal kurz zu überzeugen, wenn es heißt: "Ich dreh mein Wunschbild um / Und mach einen Handstand / Denn sieht die Welt nicht gar entzückend aus / Wenn man sie anders anschaut." Die Electro-Popnummer "Pale blue" knüpft daran an und markiert eine Fließbewegung weg von zeitlosen hin zu zeitgemäßen Stücken mit geringerer Halbwertzeit - eine logische Folge der zusehends elektronischeren Instrumentierung des deutsch-englischen Chanson-Pop, die nicht einmal von den Drums im Opener "Schöner Moment" oder "Menschenfresser" haltmacht. "Klänge schmieden Wohlklang", sagt die Band. Manchmal ist aber auch dieser verstimmt.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Menschenfresser
  • Fingerhüte
  • Das

Tracklist

  1. Schöner Moment
  2. Platte an
  3. Menschenfresser
  4. Silhouetten
  5. Pale blue
  6. Knallt ein Spatz
  7. Fingerhüte
  8. Das
  9. Womit
  10. Schlosshund
  11. Versunken
Gesamtspielzeit: 41:55 min

Spotify

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