Carl Norén - Owls

Parlophone / EMI
VÖ: 18.02.2011
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Das Bruderherz

An dieser Stelle könnte man schnell unfair werden. Zumindest Schwedenrock-Fans dürften beim Namen Norén hellhörig werden. Dann wird es nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas mit Mando Diao oder Sugarplum Fairy oder gar mit beiden zu tun haben. Gustaf Norén, einer der Sänger der Erstgenannten, war in letzter Zeit anderweitig beschäftigt. Bleiben die beiden jüngeren Noréns aus der Schwester- oder vielmehr Bruderband, von denen Carl jetzt ein Soloalbum aufgenommen hat. Ganz ohne die Hilfe von Gustaf oder dem jüngsten Bruder Victor. Nein, auf "Owls" hat der 27-Jährige alle Songs selbst geschrieben und komponiert. Ganz ohne Unterstützung ging es dann aber auch nicht, und so produzierte Mats Bjärke, der Keyboarder von Mando Diao. So schließt sich der Kreis. Zumindest fast.

Dem guten Carl also unfairerweise zu unterstellen, er und seine Band hätten sich auf den Lorbeeren des Bruders ausgeruht, wäre allerdings nicht richtig. Überhaupt dürfte ihm der ewige Vergleich mit Mando Diao gehörig auf die Nerven gehen. Mag sein, dass das ein Grund mehr für ihn war, sich auf "Owls" weg von seinen ursprünglich rockigeren Wurzeln in ruhigere, betont emotionalere Gewässer zu trauen. Geholfen hat dabei auch der Umstand, dass ihn allerlei Geschichten aus seinem Literaturstudium bei seinen eigenen lyrischen Versuchen beflügelt haben dürften. Das tragische "New York" etwa erzählt von einer zerbrochenen Beziehung. Die Akustikgitarre fängt den Schmerz auf, bis kaum klar ist, ob es sich um eine Person oder um die besungene Stadt handelt. Am Ende der verzweifelte Ausruf "Look me in the eyes", auf den eine Frauenstimme nur antwortet: "I wish I could". Und dann ist es tatsächlich einfach vorbei. Einen derart traurigen Song so weit nach vorne zu stellen, ist sicher gewagt. Aber Norén weiß, was er tut.

Die poppige Single "The anger" tröstet über den anfänglichen Schmerz hinweg, beginnt und endet mit Streichern und haut im Refrain angenehm auf den Putz. Streicher gibt es auf dem Album ohnehin genug, so auch im mehr als tanzbaren "Going out tonight", das ein idealer Einstiegssong für den nächsten Ausgehabend zu werden verspricht. Und das quirlige "That's the way I like it" ist in dieser Hinsicht fast schon zu viel des Guten. Die düstere Ballade "Brothers" schaltet wieder ein paar Gänge zurück, die zarte Instrumentierung sorgt für die halbe Miete und offenbart die manchmal schöne, manchmal schwierige und teilweise schmerzhafte Beziehung zwischen Brüdern: Das Süße und ein bitterer Beigeschmack sind oft nicht weit voneinander entfernt. Zum Schluss wird es bei düster, ruhig, fast bedrückend. Auf den schwermütigen Titeltrack von "Owls" folgt mit "Dawn" der musikalisch ausgeklügeltste Song des Albums, in dem der Schwede auch seine stimmlichen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Mit der Piano-Ballade "Tired of running pt. 2" endet dieses Album dann so dramatisch, wie die vorhergehenden Songs erahnen ließen. Und so zeigt Norén abseits seiner gewohnten Umwelt eine völlig neue Seite. Eine, die fast noch besser ist.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • New York
  • Brothers
  • Going out tonight
  • Dawn

Tracklist

  1. Tired of running pt. 1
  2. New York
  3. The anger
  4. Brothers
  5. Going out tonight
  6. Spirited away
  7. That's the way I like it
  8. Hide away
  9. Owls
  10. Dawn
  11. Tired of running pt. 2
Gesamtspielzeit: 44:25 min

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